In Wiesbaden traf sich zum zweiten Mal das „Bündnis gegen Bürokratie“. Eingeladen hatte Deutschlands erster Entbürokratisierungsminister Manfred Pentz. Das Bündnis besteht nunmehr aus 19 Verbänden und Institutionen, die jeweils einen großen Teil der Kommunen, Unternehmen, Landwirte, technischen Berufe und Gewerkschaftsmitglieder in Hessen repräsentieren. Ziel ist es, aus den vielen Vorschlägen zum Bürokratieabbau eine Entbürokratisierungsstrategie für Hessen zu entwickeln.
Manfred Pentz: „Bündnis gegen Bürokratie ist schlagkräftig und praxisnah“
Der Minister begrüßte die neuen Mitglieder des Bündnisses und sagte: „In Hessen haben wir jetzt mit dem Bürokratie-Melder, mit dem Bündnis gegen Bürokratie, dem Kabinettsausschuss Entbürokratisierung (KASEB) sowie der Stabsstelle in der Staatskanzlei eine schlagkräftige und praxisnahe Infrastruktur gegen Bürokratie geschaffen. Wir bekommen wichtige Hinweise, wo genau der Schuh drückt und wir arbeiten gemeinsam daran, bürokratische Hürden schnellstmöglich abzubauen. Ich freue mich über jeden, der im Bündnis gegen Bürokratie mitarbeiten möchte. Denn mir geht es auch um eine Änderung im Mindset, um ein gesellschaftliches Umdenken. Wir müssen eine neue Stimmung in unserer Gesellschaft schaffen, die an vielen Stellen der Gesellschaft anpackt. Der Staat muss sich stärker als Dienstleister der Bürgerinnen und Bürger verstehen. Diese wiederrum müssen selbst wieder mehr Verantwortung übernehmen.“
„Bürokratieabbau ist Mammutaufgabe“
Der Minister stellte klar: „Entbürokratisierung ist eine Mammutaufgabe, die keiner allein bewältigen kann. Wir haben über Jahrzehnte für jedes Problem eine neue Regel geschaffen. Auf diese Weise haben wir einen Berg von Bürokratie aufgetürmt, bei dem jede Regelung und jedes Gesetz einmal eine gute Begründung und gesellschaftliche Lobby hatte. Wenn wir erfolgreich im Kampf gegen zu viel Bürokratie sein wollen, dann müssen wir diesen Berg genauso abbauen, wie wir ihn geschaffen haben – Stück für Stück, jeweils mit einer guten Begründung und viel Überzeugungsarbeit. Unser Hauptargument dabei ist: Einfach ist einfach besser. Da können wir zum Beispiel viel von unseren Nachbarn in Europa lernen.“
One-Stop-Strategie für Behördengänge in Hessen
Ein wichtiges Thema der 2. Sitzung war die Frage, nach welchen Maßstäben man Entbürokratisierung messbar machen kann. „Wir haben in Deutschland einige Faktoren, bei denen wir im europäischen Vergleich weit hinten liegen. Dazu gehören die Bürokratiekosten, die Regulierungsintensität und die bürokratischen Verfahren. Wir können in Hessen nicht alles regeln. Aber wir können unseren Beitrag dazu leisten, dass wir besser und einfacher werden. So können wir zum Beispiel an Verfahren arbeiten, damit die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger nur einmal Behörden kontaktieren müssen, wenn sie ein Anliegen haben. Wir wollen quasi eine One-Stop-Strategie für Behördengänge einführen und gleichzeitig den Datenaustausch zwischen den Behörden verbessern. Denn eine sehr häufig genannte Beschwerde ist es, dass Behörden immer wieder die gleichen Daten abfragen und damit einen enormen Aufwand bei den Bürgerinnen und Bürgern auslösen.“
Stimmung in der Wirtschaft ist eng mit Bürokratie verknüpft
Explizit ging der Minister auf die Stimmung in der Wirtschaft ein. „Wenn man sich die Diskussion in Berlin anschaut, dann kann ich die schlechte Stimmung in der Wirtschaft verstehen. Dabei geht es nicht nur darum, dass kein klarer Kurs zu erkennen ist. Es geht darum, dass wir uns inmitten eines Wettlaufes zwischen Entbürokratisierung und Bürokratisierung befinden. So schafft die Politik gefühlt dreimal so viele Anforderungen und Berichtspflichten wie sie sie abbaut.“ Der Minister nannte in diesem Zusammenhang zum Beispiel das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, die Produktsicherheits-verordnung, die Nachhaltigkeitsberichtspflichten (CSRD), das Energieeffizienzgesetz, Arbeitszeit-Dokumentationsanforderungen, EUDR – die European Deforestation Regulierung (Entwaldungsrichtlinie) und viele weitere Beispiele. Das ‚Team Entbürokratisierung‘ ist im Moment gegenüber dem ‚Team Regulierung und Berichtspflichten‘ im Hintertreffen und wenn uns keine Trendumkehr gelingt, werden wir uns früher oder später in den wirtschaftlichen Abgrund regulieren.“
Karin Müller: „Sounding Board in Brüssel nimmt im November Arbeit auf“
Die Staatssekretärin ergänzte: „In Hessen sind wir jetzt in Sachen Entbürokratisierung sehr gut aufgestellt. Ein wichtiger Aspekt dieser Aufstellung ist die gute Vernetzung und Zusammenarbeit der Landesregierung. Sehr oft sind bei einer Regelung mehrere Ressorts befasst. Man denke zum Beispiel an den Bereich Bauen. Da gibt es Umweltbelange, bauordnungsrechtliche Belange, den Straßenverkehr, Denkmalschutz, Energieeffizienz und vieles mehr. Wenn wir als Landesregierung nicht eng zusammenarbeiten, werden wir immer wieder bei Einzelregelungen festlaufen und das wollen wir mit der vereinbarten Arbeitsstruktur verhindern. Das Sounding Board in Brüssel wird ein weiterer wichtiger Baustein dieser Strategie sein und noch in diesem Monat wird es seine Arbeit aufnehmen. Das Sounding-Board ist im Grunde ein Bürokratie-Radar für europäische Vorschläge. Dazu haben wir Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und viele andere Akteure eingeladen, mit uns zusammenzuarbeiten und die Vorlagen, die aus Brüssel kommen auf ihren bürokratischen Aufwand zu prüfen. Damit wollen wir noch schneller und noch koordinierter unnötige Bürokratie identifizieren und verhindern.“
Bund und Europa
Hessischer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Entbürokratisierung und Bevollmächtigter des Landes Hessen beim Bund
René Brosius
Pressesprecher
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