Es bestand Einvernehmen, dass die vorliegenden Tatvorwürfe schwer wiegen und jeder Form von Fehlverhalten mit klaren Konsequenzen begegnet werden muss. Gleichzeitig war man sich einig, dass eine differenzierte Betrachtung wichtig ist und den Beamten, die sich an Recht und Gesetz halten, die bestmögliche Unterstützung zukommen muss. Stefan Müller hat die Leitung des 1. Revieres am 13. Oktober übernommen. Zuvor war er als Abteilungsleiter Aus- und Fortbildung im Hessischen Polizeipräsidium Einsatz tätig.
Nach dem Gespräch erklärte Innenminister Roman Poseck: „Wir haben uns heute auf weitere Maßnahmen verständigt, um die Handlungsfähigkeit des 1. Polizeirevieres zu gewährleisten und Fehlentwicklungen in der Zukunft vorzubeugen.
Hierzu gehören bauliche Verbesserungen, wie die Umgestaltung des Wachbereiches zur Entzerrung des Besucheraufkommens durch eine räumliche Trennung zwischen den Wegen von Besuchern und festgenommenen Personen. Daneben sind konkrete Entlastungen im täglichen Dienstbetrieb durch die Übernahme von Einsatzmaßnahmen insbesondere in den Wochenendnächten auf der Zeil durch eine Besondere Aufbauorganisation vorgesehen. Zudem wollen wir die individuelle Resilienz, zum Beispiel durch den Ausbau von Supervision, stärken. Wir haben auch personalsteuernde Maßnahmen vereinbart. Rotationen von einem Schwerpunktrevier zu einem anderen Schwerpunktrevier sollen zukünftig vermieden werden. Ferner sollen vorwiegend erfahrene Polizeibeamte in einem herausfordernden Arbeitsumfeld eingesetzt werden. Der neue Revierleiter steht zu diesen Punkten bereits in einem engen Dialog zu allen Dienstgruppen.
Direkte Gespräch mit den Beamten suchen
Ich selbst werde das Revier am 10. November besuchen, um mir vor Ort ein Bild zu machen und das direkte Gespräch mit den Beamten zu suchen.
Es ist keine Frage, dass die polizeiliche Tätigkeit im 1. Polizeirevier in Frankfurt eine besonders herausfordernde ist. Die Beamten sind hier fortwährend mit außergewöhnlich schwierigen und auch belastenden Konstellationen konfrontiert. Die etwa 2.500 Festnahmen pro Jahr sprechen für sich. Das kann aber nie Rechtfertigung für Übergriffe sein. Recht und Gesetz gelten uneingeschränkt, auch in besonders schwierigen Konstellationen. Wir erwarten gemeinsam von unseren Polizisten, dass sie dies auch in herausfordernden Situationen ohne Abstriche beachten. Gemeinsam sind wir davon überzeugt, dass dies für nahezu alle Polizisten in Hessen und auch in Frankfurt selbstverständlich ist. Ihnen versichere ich weiter meine volle Rückendeckung und Unterstützung. Sie sind vor allem auch selbst Leidtragende des Fehlverhaltens Einzelner. Gleichzeitig werden wir in Zukunft auf die besondere Belastungssituation im 1. Revier noch wirkungsvoller reagieren und die Beamten noch intensiver unterstützen.
Nach den ersten Maßnahmen, die wir unmittelbar bei Bekanntwerden der Vorwürfe getroffen haben – die Neuaufstellung der Dienstgruppe und den Wechsel in der Revierleitung – und den heute vereinbarten Maßnahmen werden wir die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten und auch in den nächsten Wochen zusätzliche Maßnahmen für das 1. Revier und darüber hinaus ergreifen, um die Resilienz der hessischen Polizei weiter zu stärken.
Am Anfang eines Veränderungsprozesses
So werden hessenweit noch im November die bestehenden Stellen, die zur Entgegennahme von internen Hinweisen auf Fehlverhalten nach dem Hinweisgeberschutzgesetz eingerichtet wurden, zentralisiert und in diesem Kontext auch die Möglichkeit zur anonymen Kommunikation über ein entsprechendes technisches System geschaffen.
Wir stehen am Anfang und nicht am Ende eines Veränderungsprozesses als Antwort auf die mutmaßlichen Fehlentwicklungen innerhalb einer Dienstgruppe im 1. Polizeirevier. Dabei werden wir auch die weitere Entwicklung des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Frankfurt einbeziehen.“