Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur

Uniklinikum Gießen und Marburg mit fast 850 Millionen Euro gestärkt

Das Land Hessen, die RHÖN-KLINIKUM AG, die Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA und die Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) GmbH sowie die Universitäten in Gießen und Marburg und ihre Fachbereiche Medizin haben ein Zukunftspapier Plus über die weitere Zusammenarbeit am UKGM für die nächsten zehn Jahre abgeschlossen.

„Diese Anschlussvereinbarung erweitert die bisherigen Vereinbarungen zum Zukunftspapier deutlich: Land und UKGM werden fast 850 Millionen Euro in die Standorte Gießen und Marburg investieren, für eine optimale Gesundheitsversorgung für die Menschen in der Region, die Qualität von Forschung und Lehre sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze“, erklären Wissenschaftsministerin Angela Dorn, Finanzminister Michael Boddenberg und die Verhandlungspartner auf Seiten von UKGM und RHÖN-KLINIKUM AG, Prof. Dr. Werner Seeger, Dr. Gunther K. Weiß und Prof. Dr. Tobias Kaltenbach. Betriebsbedingte Kündigungen bleiben ausgeschlossen, ebenso die Ausgliederung von Betriebsteilen. Ausnahmen kann es allenfalls mit Zustimmung des Landes geben, insbesondere im Gegenzug für die gleichzeitige Wiedereingliederung derzeit ausgelagerter Bereiche. Auch die Übernahmegarantie für Auszubildende gilt weiter. Auf Basis des Letter of Intent und der Einigung vom Dezember 2022 haben die Beteiligten in den vergangenen Wochen in konstruktiven Gesprächen vertragliche Regelungen für die komplexen Vereinbarungen und Auszahlungsmechanismen entwickelt, um den Vertrag über eine so herausragende Investitionssumme für die kommende Dekade rechtssicher zu gestalten. Alle Vereinbarungen wurden am Montag unterzeichnet.

Investitionen in Gesundheits- und Forschungsstandort Mittelhessen

„Sowohl das Land als auch die RHÖN-KLINIKUM AG bekennen sich mit dem Zukunftspapier Plus klar und deutlich zum Gesundheits- und zum Forschungsstandort Mittelhessen. Damit ist vor allem der Weg frei für die notwendigen Investitionen“, so Ministerin Dorn weiter. „Uns war dabei auch wichtig zu regeln, was mit den Mitteln des Landes bei einem möglichen Rückkauf oder Verkauf des Klinikums geschieht. Wir haben ein Berechnungsverfahren vereinbart, das sicherstellt, dass dann der jeweilige Restwert an das Land zurückfließt. Zugleich stehen nun den Investitionen des Landes beträchtliche Mittel des Unternehmens gegenüber: zwei Drittel Land, ein Drittel Unternehmen. Dabei ist besonders wichtig, dass die Gewinne des UKGM auch dort bleiben – und zwar bis zur Inbetriebnahme aller mit erster Priorität vereinbarten Investitionen, auch über die Vertragslaufzeit hinaus. Darüber hinaus hat sich die RHÖN-KLINIKUM AG verpflichtet, wenn nötig Eigenmittel bereitzustellen. Damit ist klar, dass die Investitionen umgesetzt werden, auch wenn das UKGM die Mittel nicht vollständig selbst erwirtschaften kann, um die Belastung für das UKGM und dessen Beschäftigte zu begrenzen.“

„Die Einigung löst enorme Investitionen in den Medizinstandort aus, die der optimalen Krankenversorgung und der exzellenten Wissenschaft gleichermaßen zugutekommen. Es ist von großer Bedeutung für die gesamte Region, dass diese dringlichen und notwendigen Vorhaben nunmehr zügig umgesetzt werden“, erläutert Finanzminister Boddenberg. „Die prioritären Projekte wurden gemeinsam mit den beiden Universitäten und den Fachbereichen Medizin vereinbart. Aufgrund der enormen Teuerungen in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gerade im Baubereich haben wir gegenüber den Zusagen des Letter of Intent zusätzliche Mittel des Landes bereitgestellt. Falls sich die Inflation während der Laufzeit des Vertrages weit überschießend entwickelt, haben wir Anpassungsklauseln für beide Seiten vereinbart. Und wir haben wieder eine Change-of-Control-Klausel in die Vereinbarung hineinverhandelt: Damit bekommt das Land ein wichtiges Mitspracherecht zurück. Die Klausel sichert dem Land für den Fall eines Kontrollwechsels in der Eigentümerstruktur ein Rückkaufrecht. Die in den ursprünglichen Verträgen befristete Klausel war Ende 2019 ausgelaufen, eine Verlängerung konnte damals nicht erreicht werden. Wir haben sie nun gegenüber der früheren Regelung von UKGM und RHÖN-KLINIKUM AG auf Asklepios erweitert. Ausgenommen sind lediglich erbrechtliche Bestimmungen.“

Solide Grundlage für zukünftige Entwicklungen

Prof. Dr. Tobias Kaltenbach, Vorstandsvorsitzender der RHÖN-KLINIKUM AG, ergänzt: „Die getroffene Vereinbarung ermöglicht es, gemeinsam nach vorn zu schauen. Der Vertrag mit dem Land Hessen stellt das Uniklinikum auf eine solide zukunftsfähige Grundlage. Mit dem Bekenntnis zu der Partnerschaft mit dem Land Hessen werden wir unserer Verantwortung als größter medizinischer Anbieter, als attraktiver Arbeitgeber und als zuverlässiger Partner der Menschen in der Region Mittelhessen gerecht. Unser aller Bestreben ist es, das UKGM als drittgrößtes Uniklinikum Deutschlands weiter auszubauen und zu stärken. Seiner Rolle als Innovationsführer in der RHÖN-KLINIKUM AG und darüber hinaus auch in der Asklepios Gruppe kann es so aus einer gestärkten Position gerecht werden.“

 „Für unsere Patientinnen und Patienten, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den Gesundheitsstandort Mittelhessen ist diese Einigung ein sehr wichtiges und positives Signal“, kommentiert der Vorsitzende der Geschäftsführung des UKGM, Dr. Gunther K. Weiß. „Auf dieser vertraglichen Grundlage können wir zuversichtlich in die Zukunft blicken und werden die vor uns liegenden Herausforderungen und Aufgaben mit großem Elan anpacken.“

 „Es ist der Öffentlichkeit nicht verborgen geblieben, dass die Klinikdirektoren der Standorte Gießen und Marburg schon über viele Jahre, und zuletzt in gemeinsamen Aktionen, gefordert haben, die Arbeits- und Finanzierungsbedingungen der Universitätsklinika dieser beiden Standorte denen anderer deutscher Universitätskliniken anzugleichen“, so Prof. Dr. Werner Seeger, Ärztlicher Geschäftsführer des UKGM Gießen. „Ich bin unendlich erleichtert, dass mit den jetzt unterzeichneten Vereinbarungen ein fundamentaler Schritt in diese Richtung gegangen worden ist. Ich bin überzeugt, dass dieses Ergebnis für alle Mitarbeitenden in Gießen und Marburg, über alle Berufsgruppen hinweg, ein Signal des Aufbruchs sein wird, unter jetzt verbesserten Bedingungen beste Medizin und universitäre Spezialexpertise für die Menschen in Mittelhessen und weit darüber hinaus anzubieten und weiterzuentwickeln. Die Voraussetzung für diesen Erfolg war ein fairer Umgang von Land und Unternehmen miteinander.“

Landesförderung über Jahre hinweg

Das Land stellt dem UKGM jährliche Investitionsmittel für neuestes medizinisches Gerät und Baumaßnahmen zur Verfügung. Beginnend mit dem Jahr 2023 erhält das UKGM eine Landesförderung in Höhe von zunächst 48,15 Millionen Euro; dieser Betrag wird in festgelegten Raten über zehn Jahre hinweg jährlich gesteigert. Das UKGM seinerseits wird Mittel bereitstellen, die sich im selben Maß wie die Landeszuwendungen steigern, beginnend im Jahr 2023 mit 23,5 Millionen Euro an Investitionsmitteln. Die Investitionssumme kommt Gießen und Marburg gleichmäßig zugute. Rund zwei Drittel sind für Baumaßnahmen, rund ein Drittel für Geräte vorgesehen.

„Für Forschung und Lehre in unseren Lebenswissenschaften ist das Zukunftspapier Plus – und damit die Absicherung beider Standorte des gemeinsamen Klinikums – von herausragender Bedeutung“, erklären die Präsidenten der Universitäten Gießen und Marburg, Prof. Dr. Joybrato Mukherjee und Prof. Dr. Thomas Nauss. „Die klaren Regelungen zum Ablauf von Berufungsverfahren sind für die beiden Medizin-Fachbereiche ebenso wichtig wie die Ausstattung von Neuberufungen für am UKGM tätige Lehrende der beiden Universitäten – das hilft uns sehr dabei, erstklassige Forschende nach Hessen zu holen.“ Die beiden Universitätspräsidenten begrüßen auch die Vereinbarung über innovative Joint Ventures des Klinikums und der beiden Universitäten, die die bessere Übertragung von Forschungsergebnissen in die klinische Anwendung ermöglichen. Das Finanzvolumen von über die Vertragslaufzeit knapp 60 Millionen Euro stellt das UKGM bereit. Dabei sollen Projektförderungen vom frühzeitigen Erkennen von Potenzialen (Scouting) bis hin zur Machbarkeit (Proof of Concept) den Brückenschlag von der klinischen Forschung hin zum Patienten ermöglichen.

Auch die Vereinbarungen zur Trennungsrechnung als Grundlage für die Erstattung der Kosten von Forschung und Lehre gelten fort. UKGM und RHÖN-KLINIKUM AG haben weiterhin ein Kündigungsrecht nach fünf Jahren; in einem solchem Falle gelten verkürzte Projektlisten und eine Verminderung der Investitionsmittel. Die Change-of-Control-Klausel bleibt auch in diesem Fall bis 31.12.2032 bestehen.

Prioritätenliste

Investitionsprojekte, die noch aus der Umsetzungsvereinbarung von 2017 offen sind:

  • Erweiterungsbau Klinikum (Erster Bauabschnitt Erweiterung Neue Chirurgie, Gießen)
  • Erweiterungsbau Kinderherzzentrum/Kinderklinik (Gießen)
  • Sanierung oder Neubau Erwachsenen-Psychiatrie (Marburg)
  • Sanierung Zentral-OP und Intensivstationen im ersten Bauabschnitt des Klinikums auf den Lahnbergen (Marburg)

Neu vereinbarte Investitionsprojekte mit erster Priorität:

  • Erweiterung, Sanierung und technische Infrastruktur Neue Chirurgie (Gießen)
  • Neubau/Generalsanierung Zahnklinik (Gießen, gemeinsam mit der Universität)
  • Generalsanierung der Alten Frauenklinik (Gießen)
  • Ertüchtigung der Station 4.6 zu einer lnfektionsstation (Gießen)
  • Modernisierung des ersten Bauabschnitts des Klinikums auf den Lahnbergen (Marburg)
  • Maßnahmen am Psychiatriecampus Ortenberg und Klinik für Psychosomatik (Marburg)
  • Sanierung und Teilneubau der Zahnklinik (Marburg, gemeinsam mit der Universität)
  • Hinzu kommen jeweils ein oder mehrere neue standortübergreifende Funktionsneubauten für z.B. Zentrallabor, Apotheke, Rechenzentrum, Zentralsterilisation.