Hessisches Ministerium der Finanzen

Regionale Banken brauchen Entlastung in der Regulierung

Finanzminister Lorz trifft die „große“ in der „kleinen“ Welt, denn in Großenlüder kamen der Vorsitzende der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), Vertreter der BaFin und Vertreter der regionalen Banken zusammen, um über die Bedeutung und die Zukunft der regionalen Kreditinstitute für die heimische Wirtschaft zu sprechen.

Zitate Finanzminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz:

„Regionale Banken stehen für finanzielle Stabilität und die Nähe zu Menschen und Unternehmen in ihrer Region. Sie können kleine und mittlere Unternehmen besonders flexibel und individuell begleiten. Dabei ist die Bankenregulierung eine wichtige Säule der Finanzstabilität.“

„Der EU-Bankenrahmen gilt für alle Banken und Kreditinstitute, die in der EU tätig sind gleichermaßen. Für die Deutsche Bank wie für die Volksbanken- und  Raiffeisenbanken und Sparkassen im Vogelsberg und der Rhön. Zunehmend zeigt sich, dass dieser einheitliche Rahmen nicht mehr für alle passt.“

„Aufseher und Regulatoren sind gefordert, Umfang und Komplexität aus der Bürokratie herauszunehmen und schnell aktiv zu werden, damit alle Kreditinstitute vor allem ihre Kernaufgaben im Interesse ihrer Kunden erfüllen können. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür, denn in Brüssel hat man erkannt, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft auch an funktionierenden Finanzierungswegen für Unternehmen hängt.“

„Ich setze mich dafür ein, dass die Besonderheiten der deutschen Wirtschafts- und Sozialstruktur gesehen und angemessen berücksichtigt werden. Kein Land in der EU hat ein so starkes Segment von Firmen mit einer Anzahl von 250 bis 499 Mitarbeitern wie Deutschland. Diese Firmen sind im ganzen Land verteilt und nicht in wenigen Städten konzentriert. Gleiches gilt für die vielen Kreditinstitute, die diese Firmen mit Krediten versorgen. Das sorgt für attraktive Arbeitsmöglichkeiten außerhalb der Ballungszentren.“

„Die Genossenschaftsbanken und Sparkassen sind in der Fläche der Partner mit der größten Präsenz. Daher hat eine Regulierung, die diesen Instituten angemessen ist, auch eine starke gesamtwirtschaftliche Wirkung. “

José Campa, Chair der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde:

„Es ist eine wichtige Aufgabe der EBA, die Effizienz und Effektivität der Bankenregulierung und Aufsicht zu stärken. Der konsultative Ausschuss zur Proportionalität leistet innerhalb der EBA seit vielen Jahren einen wichtigen Beitrag. Darüber hinaus haben wir im März 2025 eine hochrangige EBA Arbeitsgruppe eingesetzt, um unseren Beitrag für mehr Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der EU Banken zu leisten. Gemeinsam erarbeiten wir  Maßnahmen und Empfehlungen, die den Binnenmarkt stärken. “

Nikolas Speer, BaFin-Exekutivdirektor Bankenaufsicht:

„Kleinere Banken und Sparkassen sagen uns immer wieder, wie wichtig ihnen eine Aufsicht ist, die Größe und Risiko der Institute berücksichtigt. Wir nehmen das sehr ernst. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Bundesbank eine Reform der Bankenregulierung für kleine, regionale Institute in die europäische Diskussion eingebracht. Für diese würde die Regulierungsdichte deutlich verringert bei gleichzeitig höheren Kapitalpuffern."

Torsten Leinweber, Vorstand der Raiffeisenbank im Fuldaer Land e.G.:

„Unser Ziel und Auftrag als Bank vor Ort ist es, den Mittelstand und unsere Kunden in der Region zu fördern. Das tun wir erfolgreich – auch in Krisenzeiten – und wollen dies weiter forcieren. Dafür braucht es ein „EU – Small Banking Regime“ bzw. weniger Bürokratie und eine verhältnismäßige Regulierung, vor allem seitens der EU, getreu dem Motto: Weniger ist mehr!

Torsten Priemer, Vorstand der Kreissparkasse Schlüchtern:

„Bankenaufsicht ist wichtig, um Fehlsteuerung zu vermeiden. Was wir aber brauchen, ist eine sinnvolle Regulierung, die der Aufsicht und bestenfalls uns einen Mehrwert schafft. Das ist aktuell nicht der Fall. Wir wollen für die Menschen vor Ort da sein – nicht vor allem Aufsichtsrecht interpretieren und dokumentieren.“

Fragen und Antworten

Regionalbanken sind oftmals erster Ansprechpartner für die mittelständische Wirtschaft, sie kennen die Unternehmen in ihrem Geschäftsgebiet und können so passgenaue Finanzierungslösungen anbieten. Die regionalen Banken pflegen lange Kundenbeziehungen und können diese auch in einer Krise unterstützen. Außerdem sorgen sie dafür, dass keine Region von Finanzdienstleistungen abgeschnitten ist. Deshalb ist es wichtig, die regulatorischen Kosten für die Banken zu senken und Überregulierung zu vermeiden. Eine gute und proportionale Regulierung stärkt am Ende alle Banken.

Hessen setzt sich aktiv auf nationaler und europäischer Ebene für eine effiziente und praxisnahe Bankenregulierung ein, etwa mit erfolgreichen Initiativen im Bundesrat zu nationalen und EU-Gesetzesvorhaben. Eine einheitliche europäische Finanzregulierung darf nicht zu einem erneuten Bürokratieaufbau führen. Gerade Regionalbanken brauchen eine durchgreifende Vereinfachung in der Regulierung, die deren oftmals weniger risikogeneigtes Geschäftsmodell und die Vielfalt der Bankenlandschaft berücksichtigt. Regionalbanken sind typischerweise weder Auslöser noch Hauptakteure von Finanzkrisen, die aus der Erfahrung der Vergangenheit Treiber der strengeren Bankenregulierung waren. 

Es bedarf daher eines stärker differenzierten Systems, das die unterschiedlichen Strukturen von Banken mit in den Blick nimmt. Dieses neue System hätte dann auch eine echte Stärkung der Proportionalität zur Folge.

Banken- und Wirtschaftsstrukturen haben sich in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union jeweils zueinander passend entwickelt: Zentrale Bankenstrukturen entwickelten sich parallel zu zentralen Wirtschaftsstrukturen und dezentrale Bankenstrukturen, wie hier in Deutschland, entwickelten sich parallel zu dezentralen Wirtschaftsstrukturen. Diese Balance wird durch die Auswirkungen der EU-Bankenregulierung für Deutschland einseitig verschoben hin zu zentralen Banken bei einer dezentralen Wirtschaft. Mehr Transparenz und Vereinfachung der Regelungen wäre ein positiver Ansatz für beide: kleinste Kreditinstitute und für internationale Großbanken.