Hessische Staatskanzlei

Projekt „Arbeitsplatz – Marktplatz – Spielplatz“ gewinnt Demografie-Preis 2022

Am Donnerstag hat der Chef der Staatskanzlei, Staatsminister Axel Wintermeyer, im Namen der Hessischen Landesregierung in Wiesbaden den mit insgesamt 24.000 Euro dotierten Hessischen Demografie-Preis verliehen. Bereits zum 13. Mal werden Initiativen geehrt, die sich den Herausforderungen des demografischen Wandels in ländlichen Regionen stellen. „Es ist beeindruckend, was die Menschen in Hessen bewegen und anpacken, um den demografischen Wandel zu gestalten. Über 80 Projekte haben sich in diesem Jahr um den Hessischen Demografie-Preis beworben, von denen eine unabhängige Jury sechs nominiert hat. Auf meiner Sommerreise habe ich diese persönlich besucht und kann sagen, dass alle sechs Projekte einen wichtigen Beitrag leisten, damit der ländliche Raum stark und attraktiv bleibt. Wo Menschen die Zukunft ihrer Umgebung selbst in die Hand nehmen, hat Heimat außerhalb der Ballungszentren und Städte eine Zukunft. Dafür möchte ich mich bei allen Preisträgern heute bedanken“, lobte der Demografiebeautragte Wintermeyer die Preisträger.

Den ersten Preis hat das Projekt „Marktplatz – Arbeitsplatz – Spielplatz“ (das gutehaus eG) in Butzbach (Wetteraukreis) gewonnen und erhält dafür ein Preisgeld in Höhe von 8.000 Euro. Den zweiten Platz teilen sich der Museumsbus Schwalm-Aue (Schwalm-Eder-Kreis) und das Projekt „Jugendgerechte Städte und Gemeinden – jugendgerechter Landkreis Gießen“ (Landkreis Gießen). Sie erhalten jeweils 5.000 Euro. Drei dritte Preise gehen an das „Ehrenamtlich geführte beheizte öffentliche Dorfbad“ Lingelbach (Vogelsbergkreis), den „Dorftreff Neue Mitte mit Laden und Bistro in Nidda-Wallernhausen (Wetteraukreis) und das „Kompetenzzentrum Hof Tolle“ in Calden-Fürstenwald (Landkreis Kassel). Diese sind mit jeweils 2.000 Euro dotiert.

Großes Engagement und Ideenreichtum

„Unser Demografie-Preis ist ein Erfolgsmodell. Er stellt Jahr für Jahr Menschen mit ihren Projekten ins Rampenlicht, die mit großem Engagement, zeitlichem Einsatz und Ideenreichtum die Herausforderungen des demografischen Wandels in ihren Heimatorten angehen. Die Preisträger zeigen, was auf dem Land alles möglich ist. Sie machen unsere Gesellschaft ein Stück liebenswerter und stärken den Zusammenhalt. Das ist unglaublich viel wert. Ich hoffe sehr, dass die Projekte viele Nachahmer finden.

Ich gratuliere dem Sieger-Projekt „Arbeitsplatz – Marktplatz – Spielplatz“. Das vorgetragene Konzept als Treffpunkt, Kinderstube und Arbeitsplatz hat unsere unabhängige Jury überzeugt. Allen anderen Finalisten gratuliere ich ebenfalls sehr herzlich zu ihrem tollen Erfolg“, so der Chef der Hessischen Staatskanzlei und Demografie-Beauftragte der Hessischen Landesregierung, Staatsminister Axel Wintermeyer, bei der Preisverleihung.

Innovation, Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit

Mit dem Demografie-Preis zeichnet die Landesregierung seit 2010 jährlich Projekte und Initiativen aus, die dem demografischen Wandel mit innovativen und kreativen Ideen entgegenwirken. Eine unabhängige Jury mit Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen, Kirche, Wirtschaft, Verbänden, Vereinen sowie der Hessischen Staatskanzlei hatte aus den eingegangenen 85 Bewerbungen die besten sechs ausgewählt. Nach einer Präsentation der Projekte durch die Bewerberinnen und Bewerber legte die Jury die Preisträger fest. Bei der Preisvergabe sind die Kriterien Innovation, Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit der Projekte entscheidend.

Die Preisträger

Marktplatz – Arbeitsplatz – Spielplatz“ (das gutehaus), Butzbach (Wetteraukreis)

Miteinander statt alleine! Das Projekt in Butzbach unter dem Dach der Genossenschaft das gutehaus bringt Menschen, Familien und Generationen zusammen, und stellt der zunehmenden Vereinzelung der Gesellschaft so einen zentralen Treffpunkt entgegen. Die Lebensmittelpunkte Markplatz, Arbeitsplatz und Spielplatz werden gewinnbringend für alle Generationen gebündelt. Junge Familien und ältere Menschen finden hier Unterstützung im Lebensalltag. Co-Working Spaces stehen bspw. jungen Eltern in unmittelbarer Nähe der Spielmöglichkeiten für die Kinder zur Verfügung. In Butzbach soll so das Dorf entstehen, das es sprichwörtlich braucht, um ein Kind zu erziehen. Grundidee ist die eines Familienzentrums bzw. Mehrgenerationenhauses. Kursangebote und Infoabende runden das Angebot ab.

„Marktplatz – Arbeitsplatz – Spielplatz“ ist eine leicht erreichbare Anlaufstelle für zielgruppenspezifische Fragen. Hier finden Familien Hilfestellungen und können bspw. in unmittelbarer Nähe des Spielortes der Kinder arbeiten. Und das Haus ist ein offener Treffpunkt, jeder ist willkommen. All das gilt es gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu fördern“, so der Minister über die Arbeit des Projektes.

„Museumsbus Schwalm-Aue“, Wabern (Schwalm-Eder-Kreis)

Welche Schätze gibt es in der eigenen Region zu entdecken? Der Museumsbus bringt Schülerinnen und Schüler sowie Kinder- und Jugendgruppen kostenlos zu Museen und Einrichtungen der Schwalm-Aue, weil diese vielfach für die jungen Menschen nur schwer zu erreichen sind. So geht die Tour des Busses je nach Interessenslage bspw. nach Wabern zum Erinnerungspfad und der Zuckerfabrik, ins Hessische Braunkohle Bergbaumuseum Borken, das Museum der Schwalm in Ziegenhain, in die Gedenkstätte und das Museum Trutzhain, die Künstlerkolonie Willingshausen, das Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, das HohenburgMuseum und das Haus der Reformation in Homberg. So kann die junge Generation Geschichte und Kultur erfahren. Die Rubriken Heimat-, Stadt-, Kunst- und Technikmuseum sowie Gedenkstätte, Erlebnispfad und Industrieanlage sind abgedeckt. Das Bildungsangebot, das durch den Bus erfahren werden kann, ist weit gefächert. Die Museen vernetzen sich durch die Arbeit untereinander besser und professionalisieren sich weiter.

„Der Museumsbus bringt Schülerinnen und Schüler sowie Kinder- und Jugendgruppen kostenlos zu Museen und Einrichtungen der Schwalm-Aue. Diese sind für die jungen Menschen im ländlichen Raum sonst nicht leicht zu erreichen. So lernen sie die Schätze in ihrer unmittelbaren Umgebung kennen“, erläutert Wintermeyer das Projekt.

„Jugendgerechte Städte und Gemeinden – jugendgerechter Landkreis Gießen“ (Landkreis Gießen)

Es ist ein wichtiger Standortfaktor, wenn gerade die jüngere Generation in einer Region Wurzeln schlägt und diese zu ihrem Lebensort macht. Deswegen möchte das Projekt junge Menschen motivieren, sich in unterschiedlichen Bereichen einzubringen und zu engagieren. Durch den demografischen Wandel gibt es in der Altersgruppe der unter Dreißigjährigen (U30) weniger junge Menschen, die sich bspw. in Vereinen oder der Politik und als Fachkräfte einbringen. Im Landkreis Gießen soll eine jugendfreundliche Gesellschaft in allen Kommunen verankert und es sollen Mitgestaltungsmöglichkeiten für die junge Generation geschaffen werden. Seit der Kommunalwahl 2021 können daher Jugendbeauftragte als kommunale Mandatsträger gewählt werden. So wird Jugendpolitik in den Parlamenten fest platziert. Außerdem sollen im Rahmen der Kampagne „Jugend in die Wahllokale“ Wahlhelfer gewonnen werden. Die Bürgermeister und Mandatsträger vor Ort wurden über das Projekt und das Anliegen, speziell die jüngere Generation für ein Engagement in den genannten Themenfeldern zu begeistern, informiert. Bei sehr vielen politisch Handelnden ist das Konzept unmittelbar auf Zustimmung gestoßen.

„Wenn es der jüngeren Generation Spaß macht, in Wahllokalen oder als Jugendbeauftragte mitzutun, leisten sie einen wichtigen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie sind aber auch Vorbild und Ansporn für andere Menschen in ihrer Altersklasse. Wenn hier eine Gemeinschaft entsteht, bleibt der Wohnort vielfach auch der Arbeitsort. Die Region wird gestärkt“, so Wintermeyer.

„Ehrenamtlich geführtes beheiztes öffentliches Dorfbad“ Lingelbach (Vogelsbergkreis)

Ehrenamt ist eine gewichtige Stütze unserer Gesellschaft. Und das freiwillige Engagement baut Brücken im ländlichen Raum, die in Zeiten des demografischen Wandels wichtig sind, um Standorte lebendig zu halten. Das belegt der Verein Dorfgemeinschaft Lingelbach e.V., der seit 2008 das Dorfbad Lingelbach in ehrenamtlicher Regie führt. Dieser hat vor nunmehr dreizehn Jahren einen Pachtvertrag mit der Stadt Alsfeld abgeschlossen, nachdem diese das Bad nicht mehr betreiben konnte. Insgesamt 117 Vereinsmitglieder kümmern sich um den Badebetrieb für die Gäste, der in einem Zwei-Schichten-System organisiert ist. Die Arbeit ist vielfältig, es braucht eine Badeaufsicht, einen Kassendienst, der auch Süßigkeiten und Getränke anbietet und vor der Saison wird das Bad mit gemeinsamen Kräften in Schuss gebracht. Auch leisten die Mitglieder Instandhaltungsarbeiten und kümmern sich um die Ausstattung wie Sonnenschirme und Bestuhlung. Es ist während der Öffnungszeiten Treffpunkt für Jung und Alt und auch danach gibt es vielfach Grillabende für alle interessierten Bürger des Dorfes sowie After-Work-Schwimmen und Vieles mehr. Und ganz zeitgemäß wird das Bad mit der Abwärme der örtlichen Biogasanlage geheizt.

Das freiwillige Engagement baut Brücken im ländlichen Raum, die in Zeiten des demografischen Wandels wichtig sind, um Standorte lebendig zu halten. Das belegt der Verein Dorfgemeinschaft Lingelbach e.V., der seit 2008 das Dorfbad in ehrenamtlicher Regie führt. Besonders bemerkenswert ist hier das Heizen des Bades mit der Abwärme der örtlichen Biogasanlage“, lobte Wintermeyer.

„Dorftreff Neue Mitte mit Laden und Bistro“ in Nidda-Wallernhausen (Wetteraukreis)

In Nidda-Wallershausen ist der dort entstandene Dorftreff mit Einkaufsladen für viele Menschen zentrale Anlaufstelle im Ort geworden. Im Rahmen eines Dorferneuerungsprogramms konnte die Dorfmitte neu gestaltet werden. Heute sind in einer alten Hofreite eine Kita mit öffentlichem Spielplatz, der Gemeinderaum der Evangelischen Kirche, das Familienzentrum und der Dorfladen zu finden. Gleich mehrere Generationen und Zielgruppen profitieren von dieser Einrichtung. Die Bevölkerung findet hier Einkaufs- und Begegnungsmöglichkeiten. Hier trifft man sich und tauscht sich aus. Insbesondere ältere Menschen bleiben länger mobil und eigenständig in ihrer Umgebung. Im Dorfladen finden aber auch 41 Menschen mit einer psychischen Erkrankung Arbeit, die von drei Teilzeitkräften der Diakonie und acht ehrenamtlichen Helfern unterstützt werden. Mitarbeitende der Werkstätten für Menschen mit Behinderung haben einen Außenarbeitsplatz erhalten, Praktikanten und FSJ-Stellen sowie Jugendhilfemaßnahmen werden hier ermöglicht.

„Der Dorftreff ist für Menschen unterschiedlicher Generationen Einkaufsort und Treffpunkt zugleich. Hier können die Menschen nicht nur wohnortnah einkaufen. Der Dorftreff ist auch ein Zentrum des sozialen Miteinanders geworden. Dieses gilt es gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu fördern“, lobte der Minister die Arbeit in Nidda-Wallernhausen.

„Kompetenzzentrum Hof Tolle“, Calden-Fürstenwald (Landkreis Kassel)

Das Kompetenzzentrum Hof Tolle gibt neue und zeitgemäße Antworten auf Herausforderungen wie Klimawandel, Biodiversität oder steigende Rohstoffpreise. Auf dem Hof arbeiten mutige junge Menschen, die neue Ideen in die landwirtschaftliche Arbeit mit einbringen. Der Hof selbst spricht von einem „kreativen und innovativen Umfeld“ für die gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Fokus stehen auf dem Hof eine resiliente (d.h. unabhängige) sowie nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft, die die Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales abdeckt. Beispielhaft ist das Fürstenbox Projekt, bei dem zwei Quereinsteiger den Gemüseanbau auf dem Hof etabliert haben und in einem wöchentlichen Abo-System Gemüsekisten regional vermarkten. Der Hof ist durch diese Arbeit attraktiv für junge Menschen, die dort arbeiten und denen die Region möglicherweise zum Zuhause wird. Zugleich strahlt der Hof mit seinen Produkten in die Region aus und bietet Produkte für die Menschen, die hier leben. Der genannte Abo-Service bringt den Menschen die Ware vor die Tür.

„Hier fließen neue Ideen in die landwirtschaftliche Arbeit ein und machen diese zukunftsfest. Klimawandel und Biodiversität sind nur zwei von zahlreichen Aspekten. Zugleich finden junge Menschen, die von außen auf den Hof kommen, in der Region eine neue Heimat. Das ist in Zeiten des demografischen Wandels ein sehr wichtiger Faktor“, erklärte der Staatsminister.

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