Nachdem im Sommer die Vereinbarung zur Kostenübernahme für die vertrauliche Spurensicherung durch die gesetzlichen Krankenkassen unterzeichnet werden konnte, folgt jetzt ein weiterer wichtiger Schritt im Kampf gegen Gewalt an Frauen und anderen Betroffenen: Sozialministerin Heike Hofmann und Gesundheitsministerin Diana Stolz haben auch mit der Privaten Krankenversicherung (PKV) eine Übereinkunft erzielt, dass für dort versicherte Opfer sexualisierter oder häuslicher Gewalt eine Kostenübernahme erfolgt – und das rückwirkend ab dem 1. Juli 2025. In der Übergangsphase hatte das Land für privatversicherte Personen die Finanzierung der Fallpauschalen übernommen – für nicht Versicherte tut es das auch weiterhin. „Wir sind sehr glücklich darüber, dass es gelungen ist, mit den privaten Krankenversicherungen eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. So sorgen wir dafür, dass das Angebot der Vertraulichen Spurensicherung lückenlos von allen Betroffenen in Anspruch genommen werden kann. Das ist für uns als Landesregierung zwingend, denn Gewalt fragt nicht nach dem Versichertenstatus“, sagte Sozialministerin Hofmann.
Betroffene bestmöglich versorgen und Hilfsangebote zugänglich machen
„Es ist ein großer Fortschritt und ein wichtiges Signal, dass die gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen die Kosten der Vertraulichen Spurensicherung nun übernehmen. Ich danke den Kassen ebenso wie allen weiteren Partnern, die diese wichtige Unterstützung möglich machen. Vergewaltigung und häusliche Gewalt gehören noch immer zu den tabubehafteten Themen unserer Gesellschaft. Viele Betroffene sprechen aus Scham oder aufgrund des erlittenen Schocks zunächst mit niemandem darüber. Nicht selten wird Hilfe gar nicht oder viel zu spät in Anspruch genommen. Umso wichtiger ist es, dass die vertrauliche Spurensicherung künftig über die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen finanziert wird. Für die Betroffenen bedeutet das Klarheit und Sicherheit: Sie müssen sich in einer ohnehin extrem belastenden Situation weder mit Fragen der Zuständigkeit noch mit möglichen Kosten auseinandersetzen“, fügte Gesundheitsministerin Stolz hinzu.
„Die vertrauliche Spurensicherung ist ein besonders hilfreiches Angebot für Betroffene sexualisierter und körperlicher Gewalt. Es gibt ihnen Schutz, Zeit und Sicherheit. Als PKV-Verband betrachten wir die Unterstützung dieses Hilfsangebots als eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb beteiligen wir uns freiwillig an den Kosten. So tragen wir dazu bei, dass Betroffene bestmöglich versorgt werden und Beweise gesichert bleiben, ohne dass sie sofort den Weg zur Polizei gehen müssen“, so PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther.
Hintergrund
Seit der Unterzeichnung des Vertrags mit den gesetzlichen Kassen im Juli, der mit maßgeblicher Unterstützung der Rechtsmedizin in Gießen und Frankfurt sowie der Hessischen Krankenhausgesellschaft zustande gekommen war, bestehen zwei Fallpauschalen für die vertrauliche Spurensicherung – eine, die Körperverletzungen abdeckt sowie eine weitere für Sexualdelikte. Zur vertraulichen Spurensicherung nach SGB V § 27 und § 132k zählen die Dokumentation von Verletzungen sowie die Sicherung von Tatspuren am Körper. Alle Befunde werden im jeweils zuständigen Institut für Rechtsmedizin aufbewahrt und können bei einer Anzeige durch die Betroffenen angefordert und in ein Strafverfahren eingebracht werden. So erhalten sie die Zeit, die nach einer solchen Tat häufig nötig ist, um zu entscheiden, ob sie die Ermittlungsbehörden einschalten möchten. Gleichzeitig haben sie aber Gewissheit, dass die Spuren gerichtsfest gesichert wurden. Denn die Dokumentation erlittener Verletzungen muss möglichst zeitnah nach einer Gewalttat erfolgen, damit wichtige Beweise nicht verloren gehen.
„Die Hessische Landesregierung engagiert sich seit über zwanzig Jahren für eine gewaltsensible medizinische Versorgung und dafür, die vertrauliche Spurensicherung als Säule der Gewaltprävention im Gesundheitswesen zu etablieren. Dadurch ist in Hessen in den vergangenen zehn Jahren ein Netz an Versorgungsangeboten zur vertraulichen Spurensicherung entstanden, auf das Gewaltbetroffene zurückgreifen können – etwa die durch das Land geförderte Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung und das Forensische Konsil Gießen und Frankfurt“, führte Sozialministerin Hofmann aus: „Wir haben Angebote geschaffen, die die Sicherheit und Selbstbestimmung Betroffener stärken und ermöglichen, Täter zur Verantwortung zu ziehen. Nun setzen wir zusammen mit den privaten Krankenkassen ein weiteres deutliches Zeichen: Gewalt darf keinen Raum haben. Wir stehen an der Seite von Betroffenen, um ihnen die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie verdienen“, so Hofmann weiter.