So wurde gleich zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode im Rahmen der hessischen Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz im Jahr 2019 erstmals von allen Bundesländern eine Empfehlung zur Stärkung bildungssprachlicher Kompetenzen in der deutschen Sprache verabschiedet. Auf dieser Basis hat Hessen seitdem umfangreiche Fördermaßnahmen ergriffen, um die Deutschkompetenzen der Schülerinnen und Schüler weiter zu stärken. Als Vorreiter setzt Hessen u. a. auf verpflichtende, einjährige Vorlaufkurse für alle Kinder im Vorschulalter mit Schwierigkeiten in Deutsch, zusätzliche Deutschstunden in der dritten und vierten Jahrgangsstufe zur Übung und Vertiefung als Vorbereitung für den Wechsel auf die weiterführende Schule. Mit Abschluss der Grundschule muss jedes Kind einen vorgegebenen Grundwortschatz beherrschen. Zudem ist das Schreiben mit einer verbundenen Handschrift verpflichtend. Es gibt kein „Schreiben lernen nach Gehör“.
Deutschkompetenzen fördern
Das neue Kompetenzzentrum Bildungssprache Deutsch, das heute an der Elisabeth-Selbert-Schule in Wiesbaden von Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz gemeinsam mit Fachleuten der Universitäten Frankfurt, Gießen und Marburg sowie der Stiftung Polytechnische Gesellschaft vorgestellt wurde, bildet eine weitere zentrale Maßnahme zur umfassenden Förderung der Deutschkompetenzen der hessischen Schülerinnen und Schüler. Dabei lobte der Kultusminister die Vernetzung der verschiedenen Bildungsbereiche durch das deutschlandweit erste Kompetenzzentrum Bildungssprache Deutsch: „Das Kompetenzzentrum Bildungssprache Deutsch verbindet Wissenschaft und Unterrichtspraxis und trägt so maßgeblich dazu bei, Erkenntnisse aus der Forschung an den hessischen Universitäten über Fortbildungskonzepte und Schulungsformate an den hessischen Schulen zu implementieren.“ Weiter erklärte Lorz: „Wir stellen auf diesem Wege sicher, dass Forschungsergebnisse zu den Themen Orthografie, Literatur, mündliche Kommunikation und Deutsch als Zweitsprache wirklich bei unseren Schülerinnen und Schülern ankommen. Die Schulen profitieren direkt von der Forschung an den vier Kompetenzstellen. Damit ist es uns nicht nur gelungen, dem großen Maßnahmenpaket zur Stärkung der Bildungssprache Deutsch einen weiteren wichtigen Baustein hinzuzufügen, sondern mit der Einrichtung des Kompetenzzentrums sämtliche bereits etablierte Maßnahmen sinnvoll und nachhaltig miteinander zu vernetzen.“
Wissenschaftliche Expertise der Universitäten Frankfurt, Marburg und Gießen als Basis des Kompetenzzentrums
Das Kompetenzzentrum setzt sich aus vier Kompetenzstellen zusammen, die sich an verschiedenen hessischen Universitäten mit den Forschungsfeldern Orthografie, Literatur, mündliche Kommunikation und Deutsch als Zweitsprache beschäftigen. Die Kompetenzstelle Orthografie, die bereits seit 2020 an der Goethe-Universität in Frankfurt besteht und auch von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft unterstützt wird, widmet sich neben dem Schreiben und der Rechtschreibung auch der Vermittlung einer verbundenen Handschrift. Dr. Irene Corvacho del Toro, die als wissenschaftliche Leitung neben Prof. Dr. Ilonca Hardy für die Kompetenzstelle Orthografie zuständig ist, freut sich auf die Zusammenarbeit: „Mit unserem Programm fördern wir Lehrkräfte auf ihrem Weg zu qualitativem Rechtschreibunterricht, denn unsere Schülerinnen und Schüler sollen behaupten können: Rechtschreibung? Kein Problem!“ Prof. Dr. Frank E. P. Dievernich, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, ergänzt: „Die Gründung eines solchen Kompetenzzentrums ist die konsequente Fortführung unseres langjährigen gemeinsamen Engagements für die Bildungssprache Deutsch, zur der auch die Rechtschreibung gehört. Orthografie zu verstehen, zu üben und anzuwenden, ist für die aktive Teilhabe an unserer Gesellschaft elementar“.
Mit der Kompetenzstelle Literatur, die ebenfalls an der Goethe-Universität in Frankfurt a. M. eingerichtet wurde und mit Prof. Dr. Cornelia Rosebrock als wissenschaftlicher Leiterin Leseförderung und Literaturunterricht in den Fokus nimmt, soll es zukünftig noch besser gelingen, die durchgängige Leseförderung sowohl in der Primar- als auch in der Sekundarstufe zu etablieren. Die langjährige Literaturdidaktikerin weiß: „Die Begeisterung für das Lesen und die Literatur kann nicht ohne grundlegende Lesekompetenzen geweckt werden. Es freut mich, dass literarisches Lesen in den Mittelpunkt des Bildungsgeschehens rückt.“
Da auch Argumentieren und mündliche Rhetorik wichtige Elemente des Deutschunterrichts und des Beherrschens der Bildungssprache Deutsch sind, gehört die Kompetenzstelle Mündliche Kommunikation, die an der Philipps-Universität in Marburg angesiedelt ist, ebenfalls zum Kompetenzzentrum. Frau Prof. Dr. Hannken-Illjes und Vertr.-Prof. PD Dr. Cordula Schwarze haben dabei die wissenschaftliche Leitung inne und betonen: „Miteinander zu sprechen ist grundlegend für guten Unterricht und eine lebendige Gesellschaft.“
Prof. Dr. Jana Gamper, wissenschaftliche Leitung der Kompetenzstelle Deutsch als Zweitsprache an der Justus-Liebig-Universität in Gießen, an der auch das Projektbüro des Kompetenzzentrums zum Zwecke der administrativen Verknüpfung eingerichtet wird, betont die Relevanz des Deutschunterrichts für Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist: „Deutsch als Zweitsprache in die Mitte der Lehrkräftebildung bringen – das ist unser Ziel!“, erklärt die Wissenschaftlerin daher vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen aufgrund von Migrations- und Fluchtbewegungen.
Im Rahmen landesweiter Fachtage können Lehrkräfte, Studierende und Referendarinnen und Referendare die Arbeit bzw. die Forschungsergebnisse der Kompetenzstellen und des Kompetenzzentrums in Fachvorträgen und Workshops kennenlernen und weiterbilden. Der erste Fachtag wird im Herbst 2024 an der Philipps-Universität in Marburg und unter Federführung der Kompetenzstelle Mündliche Kommunikation stattfinden.