Hessisches Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat

„Drei-Säulen-Modell“ in Frankfurt wirksam

Als ein Baustein zur Bekämpfung des Drogenhandels in Frankfurt haben das Polizeipräsidium Frankfurt, die Staatsanwaltschaft Frankfurt und das Amtsgericht Frankfurt im November 2019 das „Drei-Säulen-Modell“ zur Bekämpfung der Drogenkriminalität im Frankfurter Bahnhofsviertel ins Leben gerufen. Dieses wird vom Hessischen Ministerium der Justiz eng begleitet. Das „Drei-Säulen-Modell“ ist das Ergebnis gemeinsamer Überlegungen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht mit dem Ziel, die Drogenkriminalität, speziell im Hinblick auf den Tatbestand des verbotenen Handeltreibens, noch wirksamer zu bekämpfen.

Die drei Säulen sind:

  1. Fallkriterien für die Annahme gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln: Damit Polizeibeamte im täglichen Dienst frühzeitig und schneller beurteilen können, ob ein Verdächtigter gewerbsmäßig mit Drogen handelt und damit besonders schwerwiegende Straftaten begangen hat, haben die Polizeibeamten eine Orientierungshilfe an die Hand bekommen. Diese Orientierungshilfe zeigt die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien auf, wann von einer Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auszugehen ist.
  2. Beschleunigtes Verfahren mit Hauptverhandlungshaft: Strafen wirken besser, wenn sie „auf dem Fuß“ folgen. Bei einem einfachen Sachverhalt mit einer vergleichsweise klaren Beweislage und bei einer geringeren Straferwartung sollen Rauschgiftstraftäter binnen einer Woche verurteilt werden und bis zu dieser Hauptverhandlung in Haft bleiben. Im Falle der gerichtlichen Anordnung bewirkt dies, dass die Drogenhändler nicht sogleich nach der vorläufigen Festnahme wieder auf freien Fuß gesetzt werden und von der Straße verschwinden.
  3. Vermögensabschöpfung: Verbrechen sollen sich nicht lohnen. Geldbeträge, die bei den Festgenommenen gefunden werden, die mit Drogen gehandelt haben, sowie Geldbeträge, die typischerweise in Zusammenhang mit Straftaten stehen, werden konsequent eingezogen.

Die Hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann sagte: „Das ‚Drei-Säulen-Modell‘ ist ein Paradebeispiel für die gelungene Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei in Frankfurt und belegt, dass koordinierte, konzentrierte und konsequente Zusammenarbeit erfolgreich ist. Die drei Säulen stehen unabhängig nebeneinander, ergänzen sich und bieten flexible Antworten des Rechtsstaats auf verschiedenste Arten der Rauschgiftkriminalität. Ein theoretisches Modell alleine liefert jedoch noch keine Erfolge. Hierfür ist immer der Einsatz der Beteiligten ausschlaggebend, den ich hier hervorheben möchte. Durch die konsequente Arbeit der Frankfurter Behörden konnte eine Rechtssprechungsänderung herbeigeführt werden, die auch vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde. Rauschgifthändler können dadurch deutlich früher und härter geahndet werden. Dies ist ein großer Erfolg und gleichzeitig ein klares Signal an die Täter. Ich danke dem Polizeipräsidium Frankfurt, hier insbesondere dem scheidenden Polizeipräsidenten Gerhard Bereswill, dem Amtsgericht Frankfurt und der Staatsanwaltschaft Frankfurt für den vorbildlichen Einsatz mit Modellcharakter.“

Intensive Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankfurt Dr. Albrecht Schreiber erläuterte: „Seit dem Start des Projekts im Jahr 2020 hat die Anzahl an Verfahren wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Drogen durch die konsequente Anwendung der Fallkriterien signifikant zugenommen. Bislang sind über 100 Fälle zu verzeichnen. Auf der Grundlage des „Drei-Säulen-Modells“ konnten durch eine Intensivierung der Ermittlungstätigkeiten und nach mehrfachen Rechtsmitteleinlegungen Verurteilungen wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens auch in Fällen des Straßenhandels erreicht werden. Diese spürbaren Sanktionen haben den Druck auf die Szene erhöht. Durch konsequente Anwendung der Vermögensabschöpfung wurden seit 2020 circa 100.000 Euro bei Straßenhändlern sichergestellt und eingezogen. Insgesamt belaufen sich die in dem Zeitraum aus Drogengeschäften herrührenden Bargeldbeträge auf über 3,18 Millionen Euro, die beschlagnahmt und somit dem Drogenkreislauf real entzogen werden konnten.“

Der Präsident des Polizeipräsidiums Frankfurt Gerhard Bereswill führte aus: „Durch das ‚Drei-Säulen-Modell‘ wurde die Zusammenarbeit der Frankfurter Staatsanwaltschaft und Polizei bei der Bekämpfung des Rauschgiftstraßenhandels deutlich intensiviert. Seit dessen Anwendung ab Anfang 2020 werden Rauschgiftstraßenhändler im Bahnhofsviertel wegen gewerbsmäßigem Rauschgiftstraßenhandel angezeigt und auch verurteilt. Das hat erkennbar abschreckende Wirkung auf die polizeibekannten und seit längerem agierenden Straftäter. Auch die Finanzermittlungen und beschleunigte Verfahren sind probate Mittel hierfür. Ich danke der Justizministerin für ihr Engagement in dieser Sache.“

Die Präsidentin des Amtsgerichts Frankfurt Susanne Wetzel sagte: „Vor allem möchte ich den Kolleginnen und Kollegen der beiden in das Projekt eingebundenen Abteilungen ganz herzlich für ihr Engagement und ihren Einsatz danken. Das Projekt hat auf jeden Fall einen positiven Effekt: das optimierte und effiziente Zusammenwirken aller beteiligten Behörden im Sinne unseres gemeinsamen Auftrags. Der zweite positive Effekt, den wir zwar jetzt schon sehen können, der sich aber zukünftig noch weiter ausbilden muss, ist die wirksame und zielgenaue Kriminalitätsbekämpfung in einem leider stetig wachsenden und flexiblen Milieu. Aus der Sicht des Amtsgerichts ist mir eines wichtig zu betonen: Jede Entscheidung, die das Amtsgericht zu treffen hat, ist einen höchst individuelle, die alle Aspekte, die für die Beurteilung der Schuld- und der Straffrage relevant sind, berücksichtigen muss. Und es ist – was mir noch wichtiger ist – eine Entscheidung in richterlicher Unabhängigkeit, die durch nichts und niemanden beeinflusst werden darf. Denn nur so können wir das Funktionieren unseres Rechtsstaates garantieren. Das zu betonen, ist selten so wichtig und notwendig, wie in Zeiten wie diesen.“

Zur Statistik der Gewerbsmäßigkeit

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat berichtet, dass im Jahr 2020 35 Verfahren wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aufgenommen und davon in 16 Fällen Anklage erhoben wurde. Im Jahr 2021 wurden 50 Verfahren wegen dieses Vorwurfs eingetragen und 18 Anklagen erhoben. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2019 (vor Etablierung des „Drei-Säulen-Modells“ und auf Grundlage der vormaligen Rechtsprechung) zwei Verfahren wegen § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG eingetragen, jedoch eingestellt. Im Jahr 2018 wurde in einem Verfahren Anklage erhoben. Insgesamt wurden seit der Einführung des „Drei-Säulen-Modells“ in mindestens 19 Fällen Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. In weiteren sieben Fällen seien die Gerichte zwar von Gewerbsmäßigkeit ausgegangen, hätten jedoch im Rahmen der (im Zuge der Prüfung der Verwirklichung von Regelbeispielen notwendigen) Gesamtabwägung der Umstände einen besonders schweren Fall im Sinn des § 29 Abs. 3 S. 1 BtMG nicht als gegeben angesehen.