Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Polizeirecht vor einem Jahr reformiert

Roman Poseck: „Das neue Polizeirecht wirkt. Die erweiterten Befugnisse kommen in der Praxis umfassend zur Anwendung. Sie haben Hessen sicherer gemacht.“

Innenminister Roman Poseck blickt auf die Sicherheitslage 2025 zurück und zieht eine Zwischenbilanz über die vor einem Jahr in Kraft getretene Reform des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG).

„Das neue Polizeirecht wirkt“

„Die Sicherheitslage ist deutschlandweit angespannt. Bedrohungen von Außen und Innen kommen zusammen. Neben Gefahren von extremen politischen und religiösen Rändern und durch die allgemeine Kriminalität nehmen Bedrohungen durch fremde Staaten, zum Beispiel durch Drohnenangriffe, Spionage und Sabotage, zu. Alle Phänomene greifen unser friedliches und sicheres Zusammenleben sowie unseren demokratischen Rechtsstaat an. Wir brauchen die richtigen Antworten für diese Entwicklungen. Mehr denn je kommt es auf die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats an. Diese erreichen wir nur mit starken Sicherheitsbehörden, die über die notwendigen Befugnisse verfügen und eng zusammenarbeiten.

Dabei gilt es mit der Zeit zu gehen. Unsere Sicherheitsbehörden dürfen sich nicht von Kriminellen abhängen lassen. In Hessen haben wir bereits vor einem Jahr reagiert und eine umfassende Reform des Polizeirechts vorgenommen. Damit haben wir unsere Sicherheitsbehörden erheblich gestärkt.

Der Anwendungsbereich für Videoschutzanlagen wurde zum Schutz religiöser Einrichtungen ausgeweitet. Eine solche Anlage kommt aktuell beispielsweise vor der Westendsynagoge in Frankfurt zur Anwendung. Außerdem haben wir KI-Unterstützung bei der Auswertung von Videoschutzanlagen ermöglicht. Seit dem Sommer läuft ein entsprechendes Pilotprojekt im Frankfurter Bahnhofsviertel, das bereits erste Erfolge verzeichnen konnte. So wurde mit ihrer Hilfe eine vermisste 16-Jährige nach einem richterlichen Beschluss in kürzester Zeit aufgefunden. Dieser Fall verdeutlicht die dringende Notwendigkeit des Einsatzes von KI bei Videoschutzanlagen, insbesondere in Situationen, in denen Menschen in Gefahr sind oder selbst eine erhebliche Gefahr für andere darstellen. Dabei war uns immer wichtig: Es geht nicht um Massenüberwachung, sondern um gezielte Suchaktionen im Einzelfall und um die Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben. 

Immer mehr hessische Städte nutzen auch die erweiterten Einsatzmöglichkeiten von Videoschutzanlagen in sogenannten Angsträumen. Damit stärken wir vor allem auch das subjektive Sicherheitsgefühl. So habe ich dem Magistrat der Stadt Herborn kurz vor Weihnachten einen Förderbescheid für die Einrichtung einer solchen Anlage am Bahnhof überreicht. Auch die Stadt Gießen hat sich vor kurzem für die Errichtung einer Videoschutzanlage entschieden und folgt damit dem Beispiel anderer Städte in Hessen, wie Wiesbaden, Kassel und Darmstadt. Videoschutzanlagen sind ein bewährter Baustein unseres Sicherheitskonzeptes. Sie werden auch in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zu einem Mehr an Sicherheit leisten. Klar ist aber auch, dass Videoschutzanlagen kein Allheimmittel sind, aber Teil eines Gesamtkonzeptes, bei dem zahlreiche Maßnahmen ineinandergreifen, um in Hessen ein möglichst hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

Messer und andere Waffen haben in unseren Innenstädten nichts zu suchen. Es ist besorgniserregend, dass es immer wieder zu gefährlichen Messerangriffen kommt.  Waffenverbotszonen können dieser Entwicklung entgegenwirken. Daneben haben wir mit der Novelle des hessischen Polizeirechts die Grundlage dafür geschaffen, dass die Polizei in Waffenverbotszonen künftig Personen anlasslos identifizieren und auch ihre mitgeführten Sachen durchsuchen kann. Die Regelung trägt dazu bei, unsere Innenstädte sicherer zu machen.

Mit der Reform des HSOG haben wir zudem Verstöße gegen Aufenthaltsverbote unter Strafe gestellt, um deren Wirksamkeit zu erhöhen. Im ersten Jahr seit Inkrafttreten des HSOG wurden bis Ende November dieses Jahres 240 strafrechtlich relevante Verstöße gegen ein Aufenthaltsverbot registriert. Der überwiegende Teil wurde von dem Polizeipräsidium Frankfurt zur Anzeige gebracht. Ziel ist es, die Sicherheit in Problemvierteln wie dem Frankfurter Bahnhofsviertel auch dadurch zu erhöhen. Wir verhindern damit, dass Kriminelle immer wieder zum Ort des Geschehens zurückkehren und den Sicherheitsbehörden damit gewissermaßen auf der Nase herumtanzen.

Mit dem neuen Polizeirecht haben wir auch den Einsatz elektronischer Fußfesseln deutlich erweitert und die Dauer auf bis zu vier Monate verlängert, mit der Möglichkeit weiterer Verlängerungen. Die Fußfessel ist ein wirkungsvolles Instrument zur Gefahrenabwehr, gerade für Fälle von häuslicher Gewalt. Zwischen dem 19. Dezember 2024 bis Ende November 2025 wurden 35 Fußfesseln auf der Grundlage des neuen Polizeirechts eingesetzt. Hessen war mit der gesetzlichen Regelung Vorreiter; andere Länder haben bereits vergleichbare Regelungen geschaffen bzw. werden diese noch umsetzen.

Darüber hinaus haben wir mit dem neuen Polizeirecht den Einsatzbereich für Bodycams ausgebaut. Seit der Modernisierung des HSOG kann die Polizei Bodycams in Wohnungen einsetzen, um dringende Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person abzuwenden. Seit Inkrafttreten des neuen Polizeirechts wurden Bodycams gemäß der neuen Vorschrift des § 14 VI HSOG rund 450-mal eingesetzt.

Auch die Stadtpolizei profitiert von der Novelle des HSOG durch den nun ebenfalls möglichen Einsatz von Bodycams. Mehrere Stadtpolizeien haben davon bereits Gebrauch gemacht, darunter die Stadt Hanau. Dort durfte ich Ende September bei der Einführung der Bodycams für die Stadtpolizei dabei sein. Bodycams sind seit zehn Jahren bei der hessischen Polizei im Einsatz. Sie haben sich bewährt. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Angriffen auf die Kräfte der Stadtpolizei. Der Einsatz von Bodycams bedeutet einen erheblichen Sicherheitsgewinn für die Stadtpolizisten.

Obwohl Hessen derzeit nicht in gleichem Maße von Drohnenüberflügen betroffen ist wie beispielsweise die norddeutschen Bundesländer, werden auch hier Drohnenflüge an kritischen Infrastrukturen festgestellt. Hessen wird seine bereits professionell aufgestellte Drohnenabwehr weiter stärken und rund zehn Millionen Euro aus dem Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes gezielt in neue Technik zur Detektion und Abwehr investieren, um auch unkooperativen Drohnen effektiv entgegenwirken zu können.

Mit dem neuen Polizeigesetz verfügen wir in Hessen bereits über eine zukunftsweisende Rechtsgrundlage zur Drohnenabwehr. Das HSOG regelt in § 15e, dass zur Abwehr einer Gefahr, die von Drohnen ausgeht, Polizeibehörden geeignete technische Mittel gegen das System, dessen Steuerungseinheit oder Steuerungsverbindung einsetzen können. Damit sind wir den meisten anderen Ländern voraus, indem wir bereits über umfassende rechtliche Möglichkeiten zur Drohnenabwehr verfügen.

Mit der Reform des hessischen Polizeirechts haben wir ein umfassendes Sicherheitspaket geschnürt, um den zunehmenden Gefahren für unsere Sicherheit moderne Befugnisse entgegenzusetzen. Auch in Zukunft werden wir mit der Entwicklung Schritt halten und unsere Behörden bestmöglich ausstatten. Dazu gehört die erst kürzlich beschlossene Reform des Verfassungsschutzgesetzes, die es dem Landesamt für Verfassungsschutz unter besonderen Voraussetzungen ermöglicht, Online-Durchsuchungen durchzuführen.

Wir werden auch an dem Einsatz von hessenDATA auf der Grundlage der Palantir-Software bis auf Weiteres festhalten. Angesichts der aktuellen Sicherheitslage würde ein Verzicht auf diese Software eine Sicherheitslücke darstellen, die ich nicht verantworten kann. Sollte es in Zukunft ein vergleichbares europäisches oder deutsches Angebot geben, bin ich offen für dessen Einsatz auch in der Polizei Hessen.

Auch die Bundesebene setzt weitere neue Impulse, unter anderem soll die Speicherung der IP-Adressen bald möglich sein. Diese wird der Kriminalitätsbekämpfung insbesondere bei der Bekämpfung von Kinderpornografie und im Terrorismus verbessern.

Es wird auch künftig erforderlich sein, in Sicherheitsfragen an einem Strang zu ziehen und unseren Sicherheitsbehörden die notwendigen Befugnisse an die Hand zu geben. Sicherheit ist eine Daueraufgabe. Hessen ist ein überdurchschnittlich sicheres Bundesland. Das ist das Ergebnis konkreter Politik. Sicherheit hat für die Hessische Landesregierung höchste Priorität. Die Reform des Polizeirechts vor einem Jahr war ein Meilenstein. Das neue Polizeirecht wirkt. Die erweiterten Befugnisse kommen in der Praxis umfassend zur Anwendung. Sie haben Hessen sicherer gemacht.“