Das Projekt wird in Hessen seit Beginn des Schuljahres von der Philipps-Universität Marburg unter der Leitung von Prof. Dr. Susann Gessner durchgeführt.
Modellprojekt an sechs Schulen
Demokratiefeindliche Einstellungen und Verhaltensweisen, wie extremistisches Gedankengut und Verschwörungsideologien, gefährden das Zusammenleben einer Gesellschaft und erschüttern diese in ihren Grundfesten. Auch in Schule und Unterricht sehen sich Lehrkräfte mit menschenfeindlichen und herabsetzenden Äußerungen konfrontiert. Ziel des Modellprojektes „Starke Lehrer – starke Schüler“ ist es deshalb, Lehrkräfte an Beruflichen Schulen durch ein dreijähriges Fortbildungs- und Beratungsprogramm, das im laufenden Schuljahr begonnen hat, im Umgang mit antidemokratischen Haltungen zu stärken. In Hessen nehmen 6 Berufliche Schulen an dem Modellprojekt teil.
„Der Grundkonsens in unserer Gesellschaft basiert auf den Werten unseres Grundgesetzes. Die unantastbare Würde des Menschen, wie sie in Artikel 1 des Grundgesetzes beschrieben wird, bildet dafür den Ausgangspunkt. Aus ihr leiten sich im Grunde alle anderen Grundrechte ab. Extremistische Einstellungen und Verhaltensweisen stellen diesen Grundkonsens in Frage. Deshalb sind Projekte wie ‚Starke Lehrer – starke Schüler‘ so wichtig. Demokratie und ihre Werte müssen immer wieder aufs Neue vermittelt sowie antidemokratischen Haltungen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegengewirkt werden. Schulen haben an dieser Stelle einen maßgeblichen Bildungs- und Erziehungsauftrag, bei dem das Hessische Kultusministerium sie über den Unterricht hinaus mit unterschiedlichen Maßnahmen unterstützt“, erklärte der Hessische Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz.
„Lehrerinnen und Lehrern kommt in unserer Demokratie eine Schlüsselfunktion zu: Neben der Vermittlung von Fachwissen und Kompetenzen haben sie die Chance, Schülerinnen und Schüler in ihrer Entwicklung zu mündigen Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen. Doch Haltungen – sei es bei Schülerinnen und Schülern oder im Gesamtsystem Schule – ändern sich nur langsam. Aus diesem Grund werden die Lehrkräfte bei ‚Starke Lehrer – starke Schüler‘ über mehrere Jahre hinweg unterstützt und in einem Coaching- und Reflexionsprozess begleitet“, ergänzte die Teamleiterin Demokratie der Robert Bosch Stiftung, Antje Scheidler.
Lehrkräfte wirken als Multiplikatoren
Die Leiterin des Fachbereichs Extremismus der Bundeszentrale für politische Bildung, Dr. Maja Bächler, stellte heraus, dass eine langfristige Begleitung die Handlungskompetenzen der Lehrkräfte nachhaltig stärkt und die Schulen davon insgesamt profitieren: „Langfristig können die beteiligten Lehrkräfte als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in ihren Schulen wirken. Sie tragen zu einer nachhaltigen demokratischen Schulkultur bei, zu einer Entwicklung des gesamten schulischen Umfelds.“
Die Leiterin des Projekts in Hessen, Prof. Dr. Susann Gessner von der Philipps-Universität Marburg, betonte, dass die Philipps-Universität nicht nur die Fortbildungsangebote konzipiert und durchführt, sondern auch einen Teil der Evaluation und begleitenden Forschung übernimmt, „um die Angebote zielgruppenorientiert zu gestalten und die Perspektive der Wissenschaft auf politische Bildung an Beruflichen Schulen zu weiten. Im Übergang von Schule in das Berufsleben sind Berufliche Schulen häufig die letzte Bildungsinstitution, um Jugendliche und junge Erwachsene mit Regelangeboten zur politischen Bildung und Demokratiebildung zu erreichen“, so Prof. Gessner.
Die bisherigen Fortbildungsmodule befassten sich unter anderem mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Neutralität in Schule und Unterricht, Gefährdungen der Demokratie, Argumentationstraining gegen Stammtischparolen, Einführung in die Mobile Beratung, dem Konzept der Radikalisierung und dessen Implikationen für die pädagogische Praxis sowie mit der Reflexion und Diskussion der bisherigen Beratungsarbeit. Dabei wurden die Chancen für Demokratiebildung und die jeweiligen Herausforderungen an den beteiligten Schulen identifiziert.
Positive Rückmeldungen durch Lehrkräfte
Die ersten Rückmeldungen zeigen, dass die Fortbildungs- und Beratungsarbeit von den Lehrkräften durchweg positiv bewertet wird. Die Lehrkräfte zeigten sich sehr zufrieden mit der Arbeit der Beraterinnen und Berater und waren sehr motiviert in Bezug auf den bisherigen Verlauf des Projekts. „Die Selbstwirksamkeit der Lehrkräfte in Bezug auf pädagogische Handlungsmöglichkeiten und den Umgang mit herausfordernden Situationen hat seit Beginn der Fortbildungen bereits zugenommen“, erklärte Prof. Dr. Gessner.
Das Projekt wird durch die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt unter der Leitung von Prof. Dr. Rico Behrens auch extern wissenschaftlich begleitet und evaluiert. „Davon verspreche ich mir weitere Erkenntnisse, um unsere Lehrkräfte im Umgang mit Extremismus und demokratiefeindlichen Haltungen stark zu machen. Zudem ist die Hessische Lehrkräfteakademie von Beginn an in das Projekt eingebunden, um einen Transfer besonders positiver Elemente des Modellprojekts in den Regelbetrieb sicherzustellen“, hielt Kultusminister Lorz abschließend fest.
„Starke Lehrer – starke Schüler“ ist ein Kooperationsprojekt des Hessischen Kultusministeriums, der Robert Bosch Stiftung GmbH und der Bundeszentrale für politische Bildung mit der Philipps-Universität Marburg.
Am Projekt teilnehmende Schulen:
- Bethmannschule Frankfurt
- Brühlwiesenschule Hofheim
- Peter-Paul-Cahensly-Schule Limburg
- Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Schule Fritzlar und Homberg/Efze
- Werner-von-Siemens-Schule Wetzlar
- Willy-Brandt-Schule Gießen