Pünktlich zur Vorstellung des Luchsberichtes gibt es erfreuliche Neuigkeiten zur Luchspopulation in Hessen. Am Wochenende wurde eine Luchsin mit vier Jungen im Reinhardswald gesichtet. Es ist wahrscheinlich, dass die Luchse auch in Hessen geboren wurden, da sie noch so jung sind. „Das ist ein toller Erfolg für den Artenschutz“, sagte Umweltministerin Priska Hinz.
Auch im Luchsjahr 2022-2023, das den Zeitraum von Mai bis Mai erfasst, wurden in Hessen wieder mehr Luchse festgestellt. Es konnten sechs selbstständige Luchse, darunter zwei Weibchen, und zusätzlich zwei Jungtiere nachgewiesen werden. Zuletzt hatte es 2019-2020 Jungtiere im Reinhardswald gegeben. Erstmals gelang zudem ein sicherer Luchsnachweis im Rheingau. Staatsministerin Priska Hinz freute sich über diesen Erfolg der auch von Hessen unterstützten bundesweiten Schutzbemühungen: „Der Luchs ist die größte freilebende Katzenart in unseren Wäldern. Das letzte Jahr lässt uns hoffen, dass sich in Hessen wieder eine kleine Teilpopulation etabliert. Unser Auftrag als Land Hessen ist es, die Artenvielfalt zu schützen - und damit auch unsere Lebensgrundlagen und unsere Zukunft.“
76 plausible Hinweise im Luchsjahr 2022-2023
Nach nur 42 Luchshinweisen im Luchsjahr 2021-2022 wurden im Luchsjahr 2022-2023 immerhin 76 plausible Hinweise ausgewertet, von denen gut 50 als tatsächliche Nachweise bestätigt werden konnten. Besonders erfreulich war die erneute Feststellung eines Weibchens mit mindestens zwei Jungtieren im Reinhardswald. Ob die Jungtiere im Reinhardswald in Hessen geboren wurden oder wie 2019 im Solling in Niedersachsen und dann von der Luchsin in den Reinhardswald geführt wurden, ist unklar. Die Ausweitung bzw. Verlagerung des Jagdgebiets ist für eine Luchsin mit Jungtieren nicht ungewöhnlich. Der Futterbedarf der Familie wächst mit dem Heranwachsen der jungen Luchse und der Jagderfolg in einem entfernteren Revierteil, der während der ersten Monate der Jungenaufzucht nicht bejagt wurde, ist möglicherweise größer.
Ausbreitung der Luchse ist langsamer Prozess
Thomas Norgall, Naturschutzreferent des hessischen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und einer der Koordinatoren des Arbeitskreises Hessenluchs, ist von der Entwicklung im Luchsjahr 2022/2023 positiv überrascht, weist aber auch auf die sehr langsame Ausbreitungsgeschwindigkeit des Luchses hin: „Die Zunahme der Luchsfeststellungen in Hessen ist überraschend deutlich und geht eindeutig auf die Bestandszunahmen der Harzpopulation zurück. Da Luchsweibchen sich aber nur dort zur Fortpflanzung niederlassen, wo sie Kontakt zu anderen Luchsen haben, dehnen sich die Luchsvorkommen nur langsam aus. Dass wir nun wieder junge Luchse beobachten konnten, die sehr wahrscheinlich im Reinhardswald geboren wurden, ist deshalb eine tolle Nachricht.“
Erfolgreiche Zusammenarbeit für den Luchs
Laut Prof. Dr. Thomas Schmid, dem Präsidenten des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), hat sich die langjährige Zusammenarbeit von ehrenamtlichen Naturschützerinnen und Naturschützern mit den Fachleuten seines Hauses auch im vergangenen Luchsjahr wieder bewährt. „Für das rechtlich vorgeschriebene Monitoring des Luchses ist es wertvoll, dass die Luchsbeobachtungen aus der Bevölkerung durch die Mitglieder des AK-Hessenluchs auf Plausibilität geprüft und nach einem festen Schema ausgewertet werden. Nur wenn die Zufallsbeobachtungen von Laien und die professionell ermittelten Daten des HLNUG im jährlichen Luchsbericht zusammengeführt werden, entsteht das vollständige Bild zur Situation des Luchses in Hessen.“
Fotofallen erbringen die Nachweise
Nachweise von Luchsen sind im Luchsjahr 2022-2023 insbesondere mit Fotofallen gelungen, die im Auftrag des HLNUG für das Wolfsmonitoring betreut werden. Mit diesen Fotofallen wurden im früheren Reproduktionsgebiet südöstlich von Kassel wieder mindestens vier verschiedene Luchsindividuen nachgewiesen. Außerdem gelang über einen Rehriss die genetische Identifizierung eines Weibchens. Erstmals wurde auch ein sicherer Nachweis eines Luchses für den Rheingau-Taunus-Kreis erbracht. „Durch den Austausch mit der zuständigen Behörde wissen wir, dass das Tier aus Rheinland-Pfalz stammt“, berichtet Prof. Dr. Schmid. Zuwanderungen über den Rhein werden aber auch künftig wohl die Ausnahme bleiben. Hingegen hat die für 2024 geplante Bestandsstützung des Luchses im Thüringer Wald große Bedeutung für Hessen, weil die Entfernung vom Thüringer Wald bis in die Wälder im Nordosten Hessens von Luchsen nach der Freilassung leichter überwunden werden kann, als die Strecke, die vom Auswilderungsgebiet in Rheinland-Pfalz zurückgelegt werden muss. Nach den Erfahrungen mit den Wiederansiedlungen im Bayerischen Wald, im Harz und im Pfälzer Wald kann zumindest in einigen Jahren zusätzlich zur möglichen Besiedlung aus Norden auch mit der Zuwanderung aus dem Thüringer Wald gerechnet werden. Damit kommt dem Bundesland Hessen eine wichtige Rolle bei der Vernetzung verschiedener Wiederansiedlungsprojekte der benachbarten Bundesländer zu.