„Es sind bewegte Zeiten für uns Europäerinnen und Europäer, denn wir müssen feststellen: Es ist wieder Krieg auf unserem Kontinent“, erklärte der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier. „Tagtäglich erhalten wir neue tragische Meldungen aus der Ukraine. Das Schicksal der Menschen dort bewegt uns alle zutiefst. Wir müssen schmerzlich feststellen: Frieden in Europa ist keine Selbstverständlichkeit. Gemeinsam müssen wir weiterhin an einem friedlicheren Morgen arbeiten. Die Kirchen geben uns hierfür wichtige Impulse“, sagte Bouffier.
Das Gleiche gelte auch für die Menschen, die zu uns kämen, weil sie vor dem Krieg flüchten müssten, so der Ministerpräsident. „Sie benötigen den Zuspruch, Beistand und die Unterstützung von unserer Gesellschaft. Ich bin beiden Kirchen für ihr Engagement für die Menschen in der Ukraine besonders dankbar. Von der Seelsorge und der Unterbringung in unserem Land bis hin zu Transporten mit Lebensmittelspenden in die Ukraine haben sie ein besonders starkes europäisches Zeichen der Solidarität gesetzt. Dieses Engagement ist von unschätzbarem Wert und wird auch weiterhin benötigt“, erklärte der Ministerpräsident.
Bei dem Spitzengespräch bedankte sich der Ministerpräsident auch für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit während der Corona-Pandemie. „Das gute Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist in der Pandemie besonders deutlich geworden. Das Corona-Virus war und ist für uns eine nie da gewesene Herausforderung. Sie hat alle Bereiche unserer Gesellschaft massiv getroffen. Das partnerschaftliche und bewährte Miteinander von Landesregierung und Kirchen hat dazu geführt, dass wir während der Corona-Pandemie stets vertrauensvoll kooperiert und gute Lösungen gefunden haben. Ich danke allen dafür und bin mir sicher, dass wir so auch die zukünftigen Herausforderungen meistern können“, sagte der Hessische Ministerpräsident.
Glaube gibt Hoffnung und Zuversicht
Erstmals seit Beginn der Pandemie kamen die komplette Landesregierung und alle Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertreter am Dienstag in Frankfurt zusammen. Das traditionelle Spitzengespräch konnte in den beiden Jahren zuvor coronabedingt nur in einem kleinen Rahmen oder als Videokonferenz stattfinden. „Die Pandemie hat uns bislang schon eine Menge abverlangt. Ob nun der Verzicht auf Treffen mit den Liebsten oder eingeschränkte Öffnungszeiten in den Kindertagesstätten – vieles davon hat Menschen an die eigenen Grenzen gebracht“, sagte Bouffier. „Die Kirchen waren und sind für viele Menschen ein wichtiger Anker. Gerade der Glaube gibt uns gerade in schwierigen Zeiten besondere Hoffnung und Zuversicht. Nicht zuletzt die Seelsorge in beiden Kirchen leistet dafür einen wichtigen Beitrag. Diese Arbeit ist für unser Allgemeinwohl unerlässlich“, ergänzte der Ministerpräsident.
Der Regierungschef zeigte sich besonders erfreut darüber, dass die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit dazu beigetragen habe, Gläubigen den Besuch der Gottesdienste – besonders zu den christlichen Hochfesten – zu ermöglichen. „Natürlich gab und gibt es Einschränkungen. Die Hygienekonzepte, die die Kirchen mit uns abgestimmt haben, führten jedoch dazu, dass Menschen in unserem Land ihren Glauben weiterhin in Gemeinschaft leben durften. Für die gute Kooperation in der Krise war und bin ich außerordentlich dankbar“, so Bouffier.
Großer Dank der Kirchen
Da es das letzte Spitzengespräch mit Volker Bouffier als Ministerpräsident war, lobte der Bischof des Bistums Limburg, Georg Bätzing, das große Engagement Bouffiers und das vertrauensvolle Miteinander zum Wohle der Menschen zwischen Landesregierung und Kirchen. „In seinen politischen Ämtern hat Volker Bouffier den kontinuierlichen, konstruktiven und freundschaftlichen Austausch mit den beiden Konfessionen gepflegt. Dabei hat er stets großen Wert auf das hessische Spezifikum gelegt, dass sowohl der Austausch auf Spitzenebene als auch mit den Büros in ökumenischer Gemeinschaft erfolgen“, sagte Bätzing. Diese Kontinuität habe eine große Vertrauensbasis auf beiden Seiten geschaffen und sei unter anderem das Fundament einer engen und kooperativen Beziehung zwischen dem Land Hessen und den beiden Konfessionen gewesen.
Der Bischof von Limburg wies darauf hin, dass Bouffier immer klar gewesen sei, dass Politik und Kirchen vor ähnlichen Herausforderungen stünden. Der Vertrauensverlust und der Mitgliederverlust treffe Kirche und Politik gleichermaßen. „Diese Entwicklung habe Bouffier immer belastet. Er sieht nämlich eine sinnstiftende Funktion von Glauben und der persönlichen Hinwendung zur Religion, die Hass und Hetze, Populismus und anderen Phänomenen entgegenwirkt“, betonte Bätzing.
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, würdigte den scheidenden Ministerpräsidenten Volker Bouffier als „wichtigen Garanten dafür, dass die Stimme der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Politik und Gesellschaft Gehör fanden“. So habe er beispielsweise die Idee eines Ökumenischen Kirchentags in Frankfurt 2021 von Anfang an voll unterstützt. Er dankte dem Ministerpräsidenten „dafür sehr und auch für das persönliche Vertrauen“. Mit großem Respekt und Dank betrachte Jung zudem, wie Bouffier den Herausforderungen in der Politik von der Flüchtlingsfrage über die Corona-Pandemie bis zum Ukrainekrieg begegnet sei. Es sei außerordentlich, mit welcher „Klarheit, Disziplin und Energie“ er sich auch in persönlich schwierigen Situationen alldem gestellt habe. Dass Bouffier gerade in Krisenzeiten auch immer wieder das Gespräch mit den Kirchen gesucht habe, sei „alles andere als selbstverständlich“.
Engagement in schwierigen Zeiten
Jung ging bei dem Treffen auch auf die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine ein. Er stellte heraus, wie die Kirchen sich hier vielfach engagierten und bei der Betreuung und Unterbringung unterstützen. Als Beispiel nannte er die Öffnung von evangelischen Tagungshäusern in Höchst im Odenwald und Hohensolms bei Wetzlar, in denen in enger Abstimmung mit den Landkreisen bis zu 160 Kriegsflüchtlinge untergebracht werden können. „Alle leisten hier vor Ort und Hand in Hand wichtige humanitäre Hilfe“, so Jung. Er würdigte, dass vor allem von Landkreisen und Kommunen viel für Geflüchtete aus der Ukraine getan werde, um ihnen nach den „vielfach furchtbaren Erlebnissen eine menschliche Aufnahme bei uns zu ermöglichen“. Oft stünden die Behörden dabei aber auch vor großen und bislang unbekannten Aufgaben beispielsweise bei der Registrierung. Jung regte eine stärker an den EU-Vorgaben zum vorübergehenden Schutz Geflüchteter und weniger am klassischen Asylrecht orientierte Vorgehensweise an. Zudem könne eine noch bessere Abstimmung aller an der Aufnahme und Hilfe Beteiligten den geflüchteten Menschen und denen, die sich um sie kümmern, zugutekommen.
Die Landesregierung war beim Spitzentreffen mit allen Staatsministerinnen und -ministern vertreten.
Die beiden Kirchen waren wie folgt vertreten:
Katholische Kirche
- Bischof Dr. Georg Bätzing, Diözese Limburg, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
- Generalvikar Wolfgang Rösch, Diözese Limburg
- Bischof Dr. Michael Gerber, Diözese Fulda
- Bischof Professor Dr. Peter Kohlgraf, Diözese Mainz
- Weihbischof Generalvikar Dr. Udo Bentz, Diözese Mainz
- Erzbischof Hans-Josef Becker, Erzdiözese Paderborn
- Stellvertretender Generalvikar Prälat Thomas Dornseifer, Erzdiözese Paderborn
- Domkapitular Dr. Wolfgang Pax, Kommissariat der katholischen Bischöfe, Wiesbaden
Evangelische Kirchen
- Kirchenpräsident Dr. Dr. h.c. Volker Jung, Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)
- Stellvertretender Kirchenpräsident Ulrike Scherf, EKHN
- Leitender Oberkirchenrat Heinz Thomas Striegler, EKHN
- Bischöfin Professorin Dr. Beate Hofmann, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW)
- Prälat Burkhard zur Nieden, Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW)
- Präses Dr. Thorsten Latzel, Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR)
- Vizepräsident Dr. Johann Weusmann, EKiR
- Oberkirchenrat Jörn Dulige, Beauftragter der Evangelischen Kirchen in Hessen am Sitz der Landesregierung
Staatskanzlei
Michael Bußer
Regierungssprecher
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