Mit einer regionalen Rechenzentrumsstrategie will Hessen seine Position als führender Rechenzentrumsstandort weiter festigen und ausbauen. Zum Auftakt waren gestern rund 50 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft in Frankfurt zusammengekommen, um in einem offenen Austausch frühzeitig erste strategische Ansätze zu diskutieren und erste inhaltliche Impulse aufzunehmen sowie ein gemeinsames Verständnis für Ausgangslage, zentrale Herausforderungen und Zukunftschancen zu schaffen. Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus betonte: „Wir stehen vor der Herausforderung, den Rechenzentrumsstandort Deutschland zu stärken, nicht zuletzt, um zu wirklicher Datensouveränität gelangen zu können, auch im Cloud-Bereich. Unser Ziel mit der Rechenzentrumsstrategie ist es, gemeinsam ein strategisches Fundament zu schaffen, welches die Resilienz, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit unserer digitalen Infrastruktur stärkt und das zugleich Raum schafft für Innovation und Wachstum. Dazu brauchen wir klare Ziele, gemeinsame Leitplanken und strategisches Handeln in und mit der Region. In den Strategieprozess sollen daher möglichst viele Perspektiven einfließen, so dass ich allen danke, die sich einbringen.“
Bei dem ersten Austausch wurden insbesondere drei Themenfelder diskutiert. Erstens die gezielte Ansiedlung von Rechenzentren, insbesondere im Kontext des Flächenbedarfs sowie der Landes- und Regionalplanung. Zweitens der Ausbau des digitalen Ökosystems durch die Stärkung digitaler Wertschöpfungsketten, die Sicherung und Qualifizierung von Fachkräften sowie die Förderung von Innovationen und Technologien. Und drittens ging es um die Zukunft der Energieversorgung und den notwendigen Netzausbau im Rhein-Main-Gebiet. Denn für eine langfristige sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Versorgung müssen unterschiedlichste technologische Optionen, nicht nur im Stromnetzausbau, sondern auch bei der Erzeugung, bewertet werden. Neben den drei zentralen Handlungsfeldern hat für die Strategie auch die Verbesserung der rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen auf Landes- und Bundesebene als übergreifendes Querschnittsthema besondere Bedeutung.
„Aktionsplan Rechenzentren“
Digitalministerin Sinemus unterstrich, dass sowohl der kürzlich vorgestellte „Aktionsplan Rechenzentren“ des Branchenverbands Bitkom als auch die geplante Nationale Rechenzentrumsstrategie des Bundes vielfältige und wichtige Impulse lieferten und liefern werden. Allerdings gehe es hier vorrangig um Themen, die auf Bundes- und EU-Ebene zu bearbeiten seien, während bei der hessischen Strategie der regionale Charakter im Vordergrund stehe. Die Überlegungen des Bundes würden selbstverständlich in der hessischen Strategie einfließen.
Die Veranstaltung am Dienstag bildete den Auftakt eines partizipativen Prozesses, der im zweiten Quartal 2026 mit der Strategieformulierung abgeschlossen sein soll. Kommende Woche sollen in einer weiteren Veranstaltung die Einschätzungen und Erfahrungen der Kommunen gesammelt werden. Sinemus verwies zudem darauf, dass diese Woche der kommunale Leitfaden Rechenzentren seitens des Ministeriums veröffentlicht worden sei. Mit diesem sollen Kommunen gezielt unterstützt und praxisnahe Hinweise an die Hand gegeben werden. Der Leitfaden soll zudem zeitnah auch im Beteiligungsportal veröffentlicht werden, damit er diskutiert und Anregungen gegeben werden können für eine Aktualisierung in einem Jahr.
Stärkung der Rechenzentren
Ivo Ivanov, Geschäftsführer DE-CIX: „Der Ausbau digitaler Infrastruktur ist der Schlüssel zum zukünftigen wirtschaftlichen Wachstum in Hessen und ganz Deutschland. Dafür müssen alle Beteiligten der digitalen Wertschöpfungskette eng zusammenarbeiten.“ Für DE-CIX als der weltweit führende Betreiber von Internetknoten unterstrich Ivanov, dass eine abgestimmte Strategie wichtig sei, um die nötige Leistungsfähigkeit und Resilienz für ein digitales Ökosystem zu sichern. „Wir brauchen leistungsfähige Glasfasernetze, eine höhere Dichte an Rechenzentren sowie eine stabile, zuverlässige und performante Konnektivität zwischen Nutzern, Datenquellen, Cloud-Plattformen und KI-Dienstleistern. Diese Infrastruktur muss hohe Bandbreiten bei minimaler Latenz im einstelligen Millisekundenbereich garantieren. Damit Hessen und Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht zurückfallen, gilt es jetzt zu investieren, Verfahren zu entbürokratisieren und die Digitalisierung konsequent voranzutreiben.“
Janine Jahreiss, Leiterin Digitale Souveränität, Infrastruktur & Regulierung Bitkom, ergänzte: „Rechenzentren sind für Deutschlands digitale Souveränität essenziell. Der Rechenzentrums-Standort Deutschland muss daher insgesamt attraktiver gemacht werden. Dafür braucht es die richtigen regulatorischen Voraussetzungen, niedrigere Stromkosten, eine aktive Standortpolitik und optimierte Planungs- und Genehmigungsprozess. Hessen als Region mit dem größten Wachstum an Rechenzentrumskapazitäten kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Wir begrüßen daher, dass das Land wichtige Schritte zur Stärkung der Rechenzentren unternimmt.“
Hintergrund
Hessen zählt schon heute zu den führenden Rechenzentrumsstandorten in Europa: Mit einer IT-Anschlussleistung in der Region von mittlerweile mehr als 1.000 MW und einem der weltweit größten Internetknoten DE-CIX zieht Hessen immer mehr Rechenzentren an, was Investitionen in Milliardenhöhe auslöst. „Aus der Stärke unseres Rechenzentrumsstandorts ergibt sich auch eine Verantwortung: Wir wollen die digitale Infrastruktur nicht nur erhalten, sondern aktiv und vorausschauend Impulse für deren Weiterentwicklung geben“, sagte die Ministerin.