Innenminister Roman Poseck steht mit drei weiteren Männern vor einem Plakat mit der Aufschrift BdV - Bund der Vertriebenen.

Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Innenminister ruft zum Erinnern an Flucht und Vertreibung auf

Innenminister Roman Poseck hat anlässlich des 12. Hessischen Gedenktages für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation dazu aufgerufen, die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig zu halten. Im festlich geschmückten Schloss Bierich kamen dazu zahlreiche Gäste aus Politik, Gesellschaft und Vertriebenenverbänden zusammen. 

Der Hessische Gedenktag erinnert seit 2014 an das Leid von Millionen Menschen, die durch Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung im 20. Jahrhundert ihre Heimat verloren haben. Zugleich wird der große Beitrag gewürdigt, den Vertriebene, Flüchtlinge und später Aussiedler beim Wiederaufbau und der Entwicklung Hessens geleistet haben. Traditionell richtet der hessische Landesverband des Bundes der Vertriebenen (BdV) zu diesem Anlass auch seinen zentralen „Tag der Heimat“ aus, der in diesem Jahr unter dem Leitwort „80 Jahre: Erinnern – Bewahren – Gestalten“ veranstaltet wird.

Innenminister Roman Poseck hat in seiner Ansprache ausgeführt: „Wir haben nicht mehr lange die Chance, uns gemeinsam mit noch lebenden Zeitzeugen der damaligen Ereignisse von Flucht, Vertreibung und Deportation zu erinnern. Es liegt daher an uns, ihre Stimmen zu sichern und ihre Geschichten zu bewahren.

Millionen Menschen haben im 20. Jahrhundert und bis heute ihre Heimat verloren. Sehr viele Familien, auch meine eigene, haben Vorfahren und Mitglieder, die aus ihrer früheren Heimat vertrieben wurden. Sie wurden entwurzelt, entrechtet und ihrer Würde beraubt. Hinter den nüchternen Begriffen Flucht, Vertreibung und Deportation stehen unzählige persönliche Schicksale: zerstörte Familien, verlorene Kindheiten, gebrochene Lebenswege. Diese Geschichten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Die Erlebnisse und Ängste verfolgen die Betroffenen oft ein Leben lang.

Heute gedenken wir derer, die durch Krieg, Gewalt, Unterdrückung und Willkür ihre Heimat verlassen mussten. Wir gedenken der Toten, der Verschleppten und derer, die nie zurückkehren konnten. Wir erinnern auch an die etwa eine Million infolge des Zweiten Weltkriegs nach Hessen gekommenen Vertriebenen und die später nachgefolgten Aussiedler.

Wir sind all diesen Menschen, die nach Hessen kamen, zu großer Dankbarkeit verpflichtet. Sie schufen sich hier eine neue Heimat und halfen mit, die Grundlage unseres Erfolgs und unseres demokratischen Gemeinwesens zu legen.“

Das, was Hessen heute ist, haben wir auch den Vertriebenen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern zu verdanken.

Roman Poseck Innenminister

„Dieses Gedenken ist ein Auftrag an uns in der Gegenwart. Denn auch heute erleben wir, wie Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen – vor Krieg, vor Hunger, vor Verfolgung. Der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine führt uns jeden Tag vor Augen, dass Frieden und Freiheit in Europa keine Selbstverständlichkeit sind. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer wurden aus ihrer Heimat vertrieben, haben Angehörige verloren, unzählige suchen Schutz in anderen Ländern. Einige von ihnen haben in Hessen Zuflucht gefunden.

Auch ihr Leid ist eine Mahnung an unsere eigene Geschichte, Menschlichkeit zu leben, Frieden zu verteidigen und Freiheit zu schützen.

Darum bedeutet Erinnerung auch Verantwortung. Verantwortung, die Würde jedes Menschen zu achten und niemals zu vergessen.“

„Konflikte wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine machen uns schmerzhaft bewusst, dass Flucht und Vertreibung keine Kapitel der Vergangenheit sind, sondern bittere Gegenwart“, sagte Ministerpräsident Boris Rhein anlässlich des Hessischen Gedenktags und fügte hinzu: „Sie zeigen, wie zerbrechlich Frieden und Sicherheit sind, und wie wichtig es ist, unsere Freiheit zu schützen. Auch in Hessen tragen viele Familien die Erinnerungen an Verlust und Neuanfang mit sich. Dass wir seit zwölf Jahren den Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation begehen, ist Ausdruck unseres Respekts vor ihren Lebensgeschichten. Dieser Gedenktag mahnt uns, Verantwortung zu übernehmen: um zu erinnern, unser demokratisches Zusammenleben zu stärken und den Frieden in Europa zu bewahren. Gerade deshalb liegen uns in Hessen die Belange der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler besonders am Herzen.“

Erinnerung als Mahnung und gesellschaftlicher Auftrag

Auch der Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Andreas Hofmeister, betonte in seinem Schlusswort die Bedeutung des Erinnerns: „Das Erinnern an die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation sowie an das Schicksal und die Leistungen der deutschen Heimatvertriebenen und (Spät-)Aussiedler hat in Hessen einen festen Platz. Mit dem Hessischen Gedenktag erinnern wir an das Leid der Betroffenen, gedenken der Opfer und würdigen die Leistungen der deutschen Heimatvertriebenen und (Spät-)Aussiedler für die Geschichte unseres Landes. Der Hessische Gedenktag ist jedoch Verpflichtung und Mahnung zugleich – es geht darum, auch heute wachsam zu sein gegenüber Unrecht, Ausgrenzung und jeder Form der Entwurzelung. Denn das Wissen darum, was war, ist bedeutend für die Bewältigung heutiger und zukünftiger Bedrohungen für unsere Demokratie und das friedliche Miteinander.“

Für die feierliche musikalische Umrahmung sorgte ein Ensemble der Jungen Musik Hessen. Mit fein aufeinander abgestimmten Klängen und einer Auswahl an klassischen wie auch feierlich inspirierten Stücken schuf das Ensemble eine Atmosphäre, die die festliche Bedeutung des Anlasses unterstrich und die Gäste auf besondere Weise berührte.

Im Anschluss an den Festakt lud die Landesregierung zu einem Empfang ein, bei dem die Anwesenden miteinander ins Gespräch kamen und die Möglichkeit hatten, Gedanken und Erinnerungen auszutauschen. Mit dem Gedenktag wurde einmal mehr deutlich, wie wichtig die Pflege der Erinnerungskultur für das Land Hessen ist – als Mahnung und zugleich als Brücke für Verständigung, Frieden und Zusammenhalt in Europa.