Mit dem Gesetzentwurf eines Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetzes (HVersFG) wird das in die Jahre gekommene Versammlungsgesetz des Bundes vollständig abgelöst.
„Hessen bekommt ein zukunftsorientiertes und modernes Gesetz, das die Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gewährleistet. Das Gesetz, das die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigt, fördert die Versammlungsfreiheit der Bürger und trägt zu einer friedlichen Demonstrationskultur bei. Gleichzeitig wird mit dem Gesetz ein Rahmen geschaffen, der Versammlungsteilnehmende und Dritte schützt, indem die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit Versammlungen klar geregelt wird. Wir machen damit die Ordnungs- und Polizeibehörden durch klare Befugnisse handlungsfähig und setzen Störern, Radikalen und Gewalttätern bei Missbrauch der Versammlungsfreiheit die notwendigen Grenzen. Mit dem Gesetz wird rechtstaatliche Klarheit und Anwendungssicherheit geschaffen. Insgesamt vereint das Gesetz größtmögliche Freiheiten für Versammlungsteilnehmer mit dem staatlichen Schutzauftrag für die Versammlungen wie auch für Unbeteiligte und die öffentliche Ordnung“, sagte Innenminister Peter Beuth.
Schärfung durch Klarstellungen
Hessen gehört zu den Ländern, die von ihrer aus der Föderalismusreform 2006 herrührenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen und ein eigenständiges Versammlungsgesetz erlassen. Mit dem Gesetz soll die nach dem Stand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts größtmögliche Freiheit bei der Wahrnehmung des verfassungsmäßig verbrieften Rechts auf Versammlungsfreiheit ermöglicht, rechtsstaatliche Klarheit geschaffen und gleichzeitig die notwendigen Befugnisse für die Ordnungs- und Polizeibehörden geregelt werden, um die Sicherheit aller Beteiligten sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.
Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens wurden die schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen von Sachverständigen sorgfältig geprüft und ausgewertet. Dabei wurde deutlich, dass das Gesetz eine erhebliche Verbesserung zum bisherigen Bundesversammlungsgesetz darstellt. Im Zuge dessen wurden einzelne Klarstellungen über einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen aufgegriffen, darunter der Umgang mit persönlichen Daten von Ordnern (z. B. Aufnahme datenschutzrechtlich flankierender Regelungen zur Datenerhebung und Löschung) sowie Klarstellungen zur Durchführung der Identitätsfeststellung, die grundsätzlich anonym durchzuführen und nur bei tatsächlichen Anhaltspunkten für einen bevorstehenden Verstoß gegen das Waffen-, Uniform- oder Militanzverbot oder eine Straftat zulässig ist.
Versammlungsfreiheit und Schutzauftrag in Einklang gebracht
Der Entwurf des HVersFG regelt alle Formen von Versammlungen: öffentliche und nichtöffentliche, unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen. Grundsätzlich sollen alle im Zusammenhang mit einer Versammlung aufgeworfenen Rechtsfragen eine Antwort im HVersFG finden. Zugleich wurde das Verhältnis des Versammlungsfreiheitsgesetzes zum allgemeinen Polizeirecht ausdrücklich geregelt. Das Verbot oder die Auflösung einer Versammlung sind nur zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Beschränkungen der Versammlung sind zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist.
Schutzmechanismen bei extremistischen Versammlungen und Aufzügen
Hervorzuheben ist das sogenannte „Militanz- und Einschüchterungsverbot“ nach dem ein paramilitärisches Auftreten, das Gewaltbereitschaft vermittelt und einschüchternd wirkt, untersagt ist. Die Regelungen zu Bild- und Tonaufnahmen tragen den sich schnell entwickelnden technischen Möglichkeiten insoweit Rechnung, als sie zum einen auch für Übersichtsaufnahmen und -aufzeichnungen klare Vorgaben enthalten und zum anderen besonders auch die Datenverwertung eingehend und versammlungsspezifisch regeln. Im Gesetz findet sich auch das Kooperationsgebot, demzufolge staatliche Behörden gehalten sind, versammlungsfreundlich zu verfahren. Der Gesetzentwurf hebt zudem den Schutz vor rechtsextremistischen Versammlungen an symbolhaften Tagen und Orten, die einen an die NS-Herrschaft erinnernden Sinngehalt haben, und Veranstaltungen, welche die NS-Herrschaft billigen, verherrlichen, rechtfertigen oder verharmlosen und dadurch die Würde der Opfer zu verletzen drohen, hervor und betont die Möglichkeit, solche Veranstaltungen im Einzelfall zu beschränken oder zu untersagen.