Hessens Ministerpräsident Boris Rhein und Innenminister Peter Beuth haben an einer Solidaritäts-Aktion für Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte in Wiesbaden teilgenommen und um mehr Rückendeckung für Einsatzkräfte geworben. Die Blaulicht-Familie macht in den kommenden Wochen erneut mit Veranstaltungen, Großflächenplakaten, Social-Media Aktionen, Flyern, Autoaufklebern und Stofftieren auf die Schutzschleifen-Kampagne des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport aufmerksam.
„Wir alle können uns darauf verlassen, dass Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte in Notsituationen helfen. Sie sorgen in vielfältiger Hinsicht für die Sicherheit in Hessen, auch und vor allem in unsicheren Zeiten. Diese für unsere Gesellschaft existenziell wichtige Arbeit benötigt die volle Unterstützung der hessischen Bürgerinnen und Bürger. Die Schutzschleife ist ein deutliches und öffentliches Zeichen der Solidarität und Wertschätzung für unsere Einsatzkräfte. Sie zeigt die Verbundenheit der Bürgerinnen und Bürger mit ihnen und, dass Angriffe und Drohungen gegen Einsatzkräfte abstoßende Taten sind, die nicht einfach widerspruchslos hingenommen werden. Denn Angriffe auf unsere Einsatzkräfte sind auch immer Angriffe auf die Gesellschaft und damit auf uns alle,“ sagte Ministerpräsident Boris Rhein.
Mehr Rückendeckung
Bereits 2015 hat das hessische Innenministerium die Aktion „Schutzschleife“ ins Leben gerufen, die seitdem um mehr Rückendeckung für Polizeibeamtinnen und -beamte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte wirbt. Trägerinnen und Träger der Schutzschleife solidarisieren sich öffentlich mit den Einsatzkräften, demonstrieren symbolisch ihre Verbundenheit, ihren Dank und ihre Wertschätzung. Auch andere Bundesländer wie das Saarland, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben die Schutzschleife übernommen. In den Farben Blau, Rot und Weiß gehalten, steht sie für die Polizei-, Feuerwehr- und Rettungskräfte. Bisher wurden rund 150.000 Schutzschleifen verteilt.
„Jeden Tag engagieren sich in Hessen tausende Menschen haupt- oder ehrenamtlich als Einsatzkraft bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Sie sorgen mit ihrem Engagement dafür, dass sich mehr als sechs Millionen Hessinnen und Hessen auf Schutz, Sicherheit und Hilfe im Notfall verlassen können. Obwohl sie sich selbstlos für die Allgemeinheit einsetzen, erfährt unsere Blaulichtfamilie immer häufiger Anfeindungen und auch körperliche Gewalt. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass wir alle hinter unseren Einsatzkräften stehen. Mit der Schutzschleife kann jeder ein Zeichen setzen und seine Solidarität mit unserer Blaulichtfamilie ausdrücken. Hinter jeder Uniform steckt immer auch ein Mensch, der für seinen gesellschaftlichen Einsatz unsere Dankbarkeit und Verbundenheit verdient hat. Bisher wurden rund 150.000 Schutzschleifen verteilt und ich hoffe, dass es noch mehr werden. Denn es ist ganz einfach: Schleife tragen, Danke sagen. Weitersagen“, so Innenminister Peter Beuth.
Angriffe auf Einsatzkräfte: Innenminister fordert neue Kultur der Wertschätzung
Im Jahr 2021 wurden 4.916 Polizeibeamte Opfer einer Straftat. Dies entspricht einer Zunahme von 401 Fällen (+ 19,6 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. Die Mehrzahl der für den Polizeialltag typischen Widerstandshandlungen entsteht aus niedrigschwelligen Kontrollsituationen von alkoholisierten Personen oder Personengruppen im städtischen Bereich. Obwohl wie bereits in 2020 größere Volksfeste ausfielen oder Gaststätten monatelang geschlossen bleiben mussten, wurden Polizeibeamtinnen und -beamte bei Ausübung ihres Dienstes noch häufiger mit verbalen und körperlichen Angriffen konfrontiert. 138 (2020: 86) Angriffe wurden auf Rettungskräfte und 8 (2020: 15) auf Feuerwehrleute registriert. Insbesondere im Zusammenhang mit Protesten gegen die Corona-Maßnahmen waren Beamtinnen und Beamte Projektionsflächen für Frust und wurden attackiert.
Für das laufende Jahr 2022 zeigt sich für den Zeitraum von Anfang Januar bis Ende August im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bisher zwar ein leichter Rückgang in den Opferzahlen, jedoch wurden mehr leicht und schwer verletzte Einsatzkräfte erfasst.
Schutzschleife als Zeichen der Solidarität
„Wer sich entscheidet, sein berufliches Leben der Polizei, dem Rettungsdienst, der Feuerwehr oder sonstigen Sicherheits- oder Hilfsorganisationen zu widmen, hat das Wohl der Menschen im Blick. Doch zunehmend werden diese Menschen bei der Ausübung ihres Berufs selbst Opfer: Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Einsatzkräfte, ob bei Großereignissen oder im täglichen Dienst. Einsatzkräfte werden bedroht, bespuckt, getreten und geschlagen. Es scheint, dass die Hemmschwelle für Gewaltbereitschaft kontinuierlich sinkt. Durch das Tragen der Schutzschleife können Sie Ihre Solidarität wahrnehmbar nach außen tragen und damit ein für uns wichtiges Zeichen setzen“, berichtet der Polizeipräsident von Westhessen Felix Paschek.
Die Mehrzahl der für den Polizeialltag typischen Widerstandshandlungen entstehen aus niedrigschwelligen Kontrollsituationen von alkoholisierten Personen oder auch Personengruppen im städtischen Bereich. Das Verhindern von Konflikten und der professionelle Umgang bei sich aufschaukelnden Prozessen ist eine große Herausforderung im alltäglichen Dienst der Beamtinnen und Beamten. Sie werden daher bereits im Rahmen des Polizeistudiums und weiteren Fortbildungen professionell geschult, möglichen Gewaltsituationen deeskalierend entgegenzutreten.
„Die Entwicklung der vergangenen Jahre können und wollen wir nicht hinnehmen. Unsere Einsatzkräfte verdienen Respekt, weil sie tagtäglich für unsere Sicherheit oder Gesundheit tätig sind. Wir werden in diesem Jahr mit einer eigenen Kampagne verstärkt für mehr Solidarität mit unseren Einsatzkräften werben. Wir brauchen eine neue Kultur der Wertschätzung für unsere Einsatzkräfte. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann mit der Schutzschleife schon heute seinen Dank und seine Unterstützung ausdrücken“, sagte Innenminister Peter Beuth.
Land Hessen fordert und investiert: Gesetzesinitiativen, Schutzausrüstung und Bodycams
Um Einsatzkräfte besser zu schützen, hat das Land Hessen schon 2015 über eine Initiative im Bundesrat gesetzliche Regelungen angestoßen. Im April 2017 schließlich wurde die Initiative bundesweit im Strafgesetzbuch umgesetzt. Das „Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“ droht bei tätlichen Angriffen auf Polizistinnen und Polizisten, ermittelnde Staatsanwältinnen und -anwälten, andere Sicherheits- oder Rettungskräften mit bis zu fünf Jahren Haft, die Mindeststrafe beträgt drei Monate.
Darüber hinaus investiert das Land Hessen seit Jahren in die Schutzausrüstung der Polizistinnen und Polizisten und ist hier im bundesweiten Vergleich als Vorreiter aktiv.
Technische Innovation für mehr Schutz
Im Jahr 2016 wurden alle hessischen Polizeipräsidien mit der Bodycam ausgestattet, um die Einsatzkräfte im Dienst noch besser vor Übergriffen zu schützen. Alleine im Jahr 2020 hat das Land Hessen genau 400 und 2021 mehr als 300 weitere Bodycams beschafft und an die Polizeipräsidien verteilt, sodass sich aktuell rund 1000 Bodycams bei der hessischen Polizei im Einsatz befinden. Über diese technische Innovation konnten bereits mehrere hundert Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoßes gegen das BtMG und das Waffengesetz, wegen Körperverletzung, Diebstahls, Beleidigung, Sachbeschädigung, Trunkenheit im Straßenverkehr, Landfriedensbruchs und Brandstiftung rechtssicher eingeleitet werden.
Vorrangiges Ziel des Einsatzes ist es, die im Rahmen von brennpunktorientierten Maßnahmen eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamte – vorwiegend des Wach- und Wechseldienstes – vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen und in diesem Zusammenhang Straftaten rechtssicher aufzeichnen zu können. Gleichzeitig tragen sie erfahrungsgemäß zur Deeskalation von Kontrollmaßnahmen bei.
Einführung eines landesweiten Meldesystems
Seit Februar 2019 gibt es in Hessen ein landesweites Meldesystem, welches unter Mitwirkung von nichtpolizeilichen Einsatzkräften auf freiwilliger Basis auch Bedrohungen und Attacken erfassen kann, die nicht zur Strafanzeige gebracht wurden. Je mehr die Sicherheitsbehörden über die verschiedenen Formen von Gewalt gegenüber Einsatzkräften in Erfahrung bringen können, desto besser können passgenaue Präventionsangebote für die Helferinnen und Helfer entwickelt werden.
„Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist ein zuverlässiges Instrument, um Kriminalität nach bundesweit einheitlichen Standards zu messen. Um jedoch ein noch umfassenderes Bild von Gewalt gegen Einsatzkräfte gewinnen zu können, ist das in Hessen bestehende Meldesystem für die Angehörigen der Feuerwehren, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste ein etabliertes Instrument geworden. So können auch Übergriffe registriert werden, die nicht als Straftat erfasst werden und daher von der Kriminalstatistik nicht abgebildet werden können. Je mehr wir über die verschiedenen Formen von Gewalt gegenüber unseren Einsatzkräften wissen, desto besser können passgenaue Präventionsangebote für unsere Helferinnen und Helfer entwickelt werden“, sagte Norbert Fischer, Präsident des Landesfeuerwehrverbandes Hessen.