„Wir brauchen eine intakte und belastbare Infrastruktur. Das gilt für unser Schienennetz, das zwingend ausgebaut werden muss. Das gilt für eine sichere, bezahlbare, klimafreundliche und unabhängige Energieversorgung, bei deren Ausbau wir ebenfalls mehr Tempo brauchen. Das gilt aber auch für unser Straßennetz, denn viele Autobahnbrücken sind am Limit und müssen dringend saniert werden“, sagte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir am Mittwoch in Wiesbaden. „Darum ist es gut, dass der Bund Ende März eine generelle Planungsbeschleunigung von Infrastrukturvorhaben bei Schienenprojekten und bei der Straßensanierung auf den Weg gebracht hat, so wie dies bei Projekten für Erneuerbare Energien und Stromnetzen kurz vorher bereits beschlossen wurde.“
Zusätzlich wurde verabredet, dass auch bestimmte Autobahnabschnitte den Status des überragenden öffentlichen Interesses bekommen können, sofern das jeweils betroffene Land sein Einvernehmen erteilt. Das für Bundesautobahnen zuständige Bundesverkehrsministerium hat daraufhin bundesweit 148 Autobahnabschnitte benannt, für die ein überragendes öffentliches Interesse festgestellt werden könnte. 30 dieser Sanierungs- und Ausbauprojekte liegen in Hessen. Sie befinden sich schon seit Jahren in der dringlichsten Kategorie des Bundesverkehrswegeplans, dem so genannten „Vordringlichen Bedarf Engpassbeseitigung“ und könnten nun nochmals priorisiert werden.
„Schon heute fehlt es an ausreichend Personal, um die Projekte des Bundesverkehrswegeplans umzusetzen, wie die langen Planungs- und Bauzeiten zeigen“, so Al-Wazir. „Deshalb ist es sinnvoll, die Projekte aus der Vorschlagsliste des Bundes zu identifizieren, die für die Verkehrssicherheit und zur Staureduzierung den größten Beitrag leisten. Denn wer alles priorisiert, aber nicht mehr Personal zur Verfügung hat, priorisiert am Ende nichts.“
Daher hat das hessische Verkehrsministerium die 30 hessischen Autobahnteilprojekte in den vergangenen Wochen intensiv nach sachlichen und fachlichen Kriterien geprüft. Dabei wurde auch die Auswirkung von angrenzenden Autobahnabschnitten in anderen Bundesländern und die Gesamtstrecke betrachtet.
Im Ergebnis sind 23 der 30 Autobahnprojekte unter Verkehrsaspekten so wichtig, dass für sie ein überragendes öffentliches Interesse festgeschrieben werden kann und sie damit auch beschleunigt umgesetzt werden könnten – drei von ihnen allerdings nur unter Vorbehalt. Bei sieben Projekten kann kein überragendes öffentliches Interesse festgestellt werden.
Zu den 23 Projekten gehören allein neun Maßnahmen an der A 45 zwischen Gambacher Kreuz und der Landesgrenze Nordrhein-Westfalens. Aufgrund des enorm hohen LKW-Anteils sind auf dieser Strecke besonders viele Autobahnbrücken marode. Ebenfalls priorisiert werden soll der Ausbau der hochbelasteten Autobahnkreuze Wiesbaden, Offenbach, Darmstadt, Bad Homburg, Westkreuz Frankfurt und Nordwestkreuz Frankfurt. „Diese Autobahnkreuze im Rhein-Main-Gebiet gehören zu den am stärksten belasteten Abschnitten im bundesweiten Autobahnnetz. Hier ist die Unfallgefahr aufgrund der vielen Spurwechsel besonders hoch und deshalb ist es sinnvoll, den ohnehin geplanten Aus- und Umbau zu beschleunigen“, sagte Al-Wazir. Bei weiteren fünf hoch belasteten Abschnitten erteilt das Land ebenfalls sein Einvernehmen mit der Aufnahme in die Kategorie überragendes öffentliches Interesse.
Nur unter Vorbehalt hingegen kann ein überragendes öffentliches Interesse etwa an der A 5 von Nordwestkreuz Frankfurt über Bad Homburger Kreuz bis Friedberg festgestellt werden. Hier kommt aus Sicht des Landes ein zehnstreifiger Ausbau nicht in Frage, sondern nur der ursprünglich geplante achtstreifige Ausbau. Voraussetzung für das Einvernehmen des Landes ist hier ebenfalls ein effektiver Lärmschutz für Anwohnerinnen und Anwohner.
Bei sieben Autobahnprojekten kann das Land kein überragendes öffentliches Interesse erkennen, etwa beim zehnstreifigen Ausbau der A 5 zwischen Frankfurter Kreuz und Nordwestkreuz, den das Land ablehnt. Auch dem überragenden öffentlichen Interesse am Ausbau zwischen dem Autobahnkreuz Darmstadt und dem Autobahndreieck Rüsselsheim an der A 67 stimmt Hessen nicht zu, fordert den Bund aber auf, eine temporäre Seitenstreifenfreigabe zu prüfen. Diese Projekte bleiben dennoch Teil des Bundesverkehrswegeplans, der durch das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz nicht verändert wird.
Schienenprojekte in Hessen profitieren vom neuen Gesetz
Das Planungsbeschleunigungsgesetz des Bundes soll nicht nur den Ausbau von Autobahnen, sondern auch den Ausbau und die Elektrifizierung der Schieneninfrastruktur deutlich beschleunigen. „Es ist dringend notwendig, dass mehr Menschen von der Straße auf den Zug umsteigen. Darum ist klar: Unser Schienennetz und Schienenstrecken müssen ausgebaut und dafür gesorgt werden, dass Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird. Das schützt das Klima und entlastet den Straßenverkehr. Ich begrüße daher ausdrücklich, dass der Bund endlich Hürden abgebaut hat, um die Verkehrswende mit Tempo voran zu bringen.“