Mit der Konferenz zur Zukunft Europas hat sich die EU aufgemacht, mit Bürgerinnen und Bürgern, Vertretern des Europäischen Parlaments und mit Vertretern der nationalen Parlamente über die künftige Ausgestaltung Europas zu diskutieren. Nach genau einem Jahr intensiver Arbeit wurden heute die Ergebnisse an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Europaparlamentspräsidentin Roberta Mesola übergeben. Darin enthalten sind über 300 Vorschläge und Maßnahmen, wie die EU fortentwickelt werden könnte bzw. welche Dinge man bereits unter den bestehenden Verträgen angehen sollte. Für zahlreiche Vorschläge bedarf es jedoch Änderungen der Europäischen Verträge. Für den Bundesrat waren die niedersächsische Europaministerin Birgit Honé und Hessens Europaministerin Lucia Puttrich Mitglieder der EU-Zukunftskonferenz.
Lucia Puttrich: „Konferenz hat mehr gebracht, als viele ihr zugetraut haben“
Hessens Europaministerin unterstrich heute noch einmal die Bedeutung der Konferenz: „Mit dieser Konferenz sind wir in Europa ganz neue Wege gegangen. Im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Institutionen, aber auch Schulen und Universitäten wurden Erwartungen an die EU abgefragt und in konkrete Vorschläge für das weitere Verfahren umgewandelt. Dass man sich bei neuen Wegen auch mal verirrt, stolpert oder falsch abbiegt, ist normal. Unterm Strich hat die Zukunftskonferenz aber trotz der Herausforderungen der Corona-Pandemie mehr gebracht, als viele ihr im Vorfeld zugetraut haben. Die europäische Zukunftsdebatte hat neue Impulse bekommen. Jetzt wird es darum gehen, die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger nicht zu enttäuschen, sondern die Ergebnisse als Grundlage für eine europäische Reformagenda zu nutzen.“
Europaministerin: „Große Mehrheit sieht ihre Zukunft in der EU“
„Wenn eine Botschaft von dieser Konferenz ausgeht, dann diese, dass die übergroße Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ihre Zukunft in der EU sehen. Das allein ist eine wichtige Erkenntnis und Grundlage für weitere Diskussionen. Ob im Bereich des Klimaschutzes, der Digitalisierung oder im sozialen Bereich: die Bürgerinnen und Bürger erwarten von der EU, dass sie schneller, effizienter und zielgenauer auf Herausforderungen reagiert. Deshalb wird das Thema der Handlungsfähigkeit in künftigen Diskussionen eine ganz besondere Rolle einnehmen. Schon im Moment kann man allerdings auch die Schwierigkeit in diesem Bereich erkennen. Der Wunsch vieler Menschen nach innen geeint und stark nach außen aufzutreten, ist in einigen Bereichen noch weit von der Realität entfernt. Auch wenn wir derzeit zum Beispiel in großer Einigkeit die Maßnahmen im Zuge des Vernichtungskrieges Russlands gegen die Ukraine unterstützen, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei vielen anderen Fragen noch keine Einigkeit gibt.
Lucia Puttrich: „Vorschläge in einem Konvent weiter beraten – Mitgliedstaaten sollten Weg dazu frei machen“
„Viele der Vorschläge werden ohne Vertragsänderungen nicht umzusetzen sein. Es ist auch offensichtlich, dass eine Reihe von Einzelforderungen programmatische Ladenhüter verschiedenster Institutionen sind. Doch das ändert nichts daran, dass man mit der Konferenz nicht nur Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger abgefragt, sondern auch geweckt hat. Egal was man im Einzelnen von den Vorschlägen hält, wäre ein Konvent, wie er im Vorfeld der Verfassungsdiskussion einberufen wurde, die richtige Antwort. Dieser sollte die Aufgabe haben, die Ergebnisse der Zukunftskonferenz in eine europäische Reformagenda umzuwandeln. Hier könnte zum Beispiel eine größere Handlungsfähigkeit im Bereich der Außenpolitik und Energiesicherheit erzielt werden. Um einen solchen Reform-Konvent einzuberufen, braucht es die Zustimmung der Mitgliedstaaten. An Deutschland sollte die Einberufung eines Reform-Konventes nicht scheitern.“