Portraitfoto von Prof. Dr. Roman Poseck

Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz

Extremismusbekämpfung in Hessen

Roman Poseck: „Mit einem Mix aus Repression, Prävention und neuen Befugnissen begegnen wir entschlossen Extremismus jeglicher Form in Hessen.“ Der Kampf gegen politisch motivierte Kriminalität und Extremismus war ein Schwerpunkt der hessischen Sicherheitsbehörden im Jahr 2024.

Innenminister Roman Poseck zieht Bilanz: „Extremistische Gefahren haben unsere Innere Sicherheit in diesem Jahr herausgefordert. Die Terroranschläge in Magdeburg und Solingen, der Messerangriff auf einen Polizeibeamten in Mannheim, der vereitelte Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin sowie weitere Ereignisse wie das Tötungsdelikt im Frankfurter Hauptbahnhof sind Ausdruck der angespannten Sicherheitslage. In Hessen setzen wir mit erhöhter Polizeipräsenz und verstärkten Kontrollen auf ein Höchstmaß an Sicherheit. Im Mittelpunkt unserer Sicherheitsarchitektur steht auch weiter eine gut ausgestattete Polizei.

Außerdem räumen wir unseren Sicherheitsbehörden die passenden Befugnisse ein. Die vor wenigen Wochen beschlossene Reform des hessischen Polizeirechts ist dabei ein Meilenstein. Mit mehr Videoüberwachung und mit mehr KI-Einsatz können wir mehr Sicherheit gewährleisten. Wir geben genau die richtigen Antworten auf die angespannte Sicherheitslage, die auch durch den Magdeburger Anschlag wiederum offenbar geworden ist. Zu einem Sicherheitsgewinn trägt beispielsweise auch der in zeitlicher und inhaltlicher erweiterte Einsatz der Fußfessel bei. Die Fußfessel ist ein geeignetes Instrument, Gefährder wirkungsvoller zu überwachen. Auch die nach der Gesetzesänderung in Hessen verlängerten Möglichkeiten der Präventivhaft sind ein Sicherheitsgewinn. Dies zeigt auch der aktuelle Fall eines Jugendlichen, der sich in Brandenburg seit mehreren Tagen im Gewahrsam befindet, weil er einen Anschlag geplant haben soll.

Unsere Sicherheitsbehörden sind schon jetzt sehr wachsam. Das ist auch bei der Festnahme eines mutmaßlichen Islamisten im Dezember aus dem Hochtaunuskreis abermals deutlich geworden. Den Druck gegen alle extremistischen und terroristischen Bedrohungen werden wir auch im kommenden Jahr hochhalten. Dabei brauchen wir aber deutlich mehr Unterstützung durch den Bund. Unsere Sicherheitsbehörden sind zur Strafverfolgung und zur Gefahrenabwehr unbedingt auf die Speicherung von IP-Adressen angewiesen. Es ist ein Armutszeugnis, dass die gescheiterte Ampel hierzu keine Regelung auf den Weg gebracht hat. Zudem müssen wir unsere Nachrichtendienste stärken. Gerade in der aktuellen sicherheitspolitischen Lage muss der Bund klare und belastbare Rechtsgrundlagen für nachrichtendienstliches Handeln schaffen. Wir müssen uns unabhängiger von ausländischen Nachrichtendiensten machen und die Möglichkeiten, an eigene Erkenntnisse zu gelangen, ausweiten. Der Auftrag an die kommende Bundesregierung ist daher klar: Die Stärkung der Inneren Sicherheit muss eine Priorität sein.“

Bekämpfung von Rechtsextremismus durch BAO Hessen R

Um dem Rechtsextremismus repressiv konsequent zu begegnen, wurde eigens eine Besondere Aufbauorganisation (BAO) Hessen R, die im Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) angesiedelt ist, 2019 eingerichtet. Im Jahr 2024 vollstreckten die Ermittlerinnen und Ermittler der BAO Hessen R bislang 72 Durchsuchungsbeschlüsse. Dabei wurden u. a. insgesamt 122 Waffen (47 Schusswaffen, 75 Hieb- und Stichwaffen beziehungsweise sonstige Bewaffnung) und zahlreiche NS-Devotionalien sichergestellt. „Nach wie vor geht vom Rechtsextremismus die größte Gefahr für unser friedliches demokratisches Miteinander aus. Das unterstreichen zum Beispiel der Anstieg der politisch motivierten Straftaten im Bereich des Rechtsextremismus und das Anwachsen des Personenpotenzials gewaltorientierter Rechtsextremismus seit 2021. Auch in diesem Jahr haben die hessischen Sicherheitsbehörden den Druck auf Rechtsextremisten ungebrochen hochgehalten. Das zeigt die Bilanz der BAO Hessen R. Ich danke den Ermittlerinnen und Ermittler der Einheit für ihre wichtige Arbeit, die auch im kommenden Jahr konsequent fortgesetzt wird.

Besonders erschreckend ist, dass der Rechtsextremismus in den Parlamenten, auch im Hessischen Landtag, angekommen ist. Fraktionen und Abgeordnete in den Parlamenten bereiten inzwischen auch einen Nährboden für rechtsextrem motivierte Straftaten. Damit ist die Bekämpfung des Rechtsextremismus wichtiger denn je. Die Erscheinungsformen des Rechtsextremismus sind vielfältig. Sie reichen von verbalen Entgleisungen und Hasspostings über Waffendelikte bis hin zu terroristischen Strukturen und Angriffen auf Leib und Leben. Gerade Hessen hat besonders leidvoll erfahren, zu welchen Taten Rechtsextremisten fähig sind“, führte der Minister weiter aus.

Seit Gründung der BAO Hessen R im Juli 2019 erfolgten insgesamt mehr als 695 konzertierte Einsatzmaßnahmen gegen die „rechte Szene“ in Hessen unter Federführung der BAO Hessen R. Hierbei wurden über 575 Durchsuchungen durchgeführt. Rund 145 Szene-Veranstaltungen wurden durch die Regionalabschnitte der BAO Hessen R polizeilich begleitet. Zudem wurden insgesamt 274 Haftbefehle gegen 244 Personen des rechten Spektrums vollstreckt.

Auch der Linksextremismus birgt Gefahren für die freiheitlich demokratische Grundordnung. „Insbesondere Angehörige der autonomen Szene bekämpfen den Staat und politische Gegner teils mit gezielter Gewalt und greifen auch Polizisten an. Teile der linksextremistischen Szene versuchen auch, Einfluss auf die Klimaprotestbewegung zu nehmen, um Personen zu ideologisieren und sie letztlich zum gewaltsamen Kampf gegen den Staat zu motivieren. Zudem ist zu beobachten, dass Teile der linken Szene an Universitäten sind, die antisemitische Parolen verbreiten. Es besteht die Gefahr, dass Extremisten verschiedener Couleur Zweckbündnisse eingehen, um mit ihren antisemitischen und israelfeindlichen Standpunkten eine höhere Reichweite zu erzielen. Auch beim Linksextremismus ist der Rechtsstaat wachsam und greift hart durch“, so Roman Poseck.

Extremismus wird in Hessen nicht nur repressiv durch die hessischen Sicherheitsbehörden bekämpft. Die Demokratieförderung und Extremismusprävention ist für die Hessische Landesregierung ein Schwerpunkt, um die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie zu erhöhen und dem Abdriften von Menschen in radikale Ideologien zu begegnen. Trotz notwendiger Konsolidierungsbedarfe im hessischen Haushalt stehen dem Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ im kommenden Jahr Landesmittel in bisheriger Höhe von 8,8 Millionen Euro zur Verfügung. Damit können weiterhin wichtige Projekte mit Unterstützung zivilgesellschaftlicher Träger für Einzelpersonen, Schulen, Vereine, Kommunen, Hochschulen und Universitäten unterstützt werden.

„Mit diesem Mix aus Repression, Prävention und neuen Befugnissen begegnen wir entschlossen Extremismus jeglicher Form in Hessen. So gewährleisten wir Sicherheit auf einem möglichst hohen Niveau und schützen zugleich unsere Demokratie“, erklärte der Minister.

Landesamt für Verfassungsschutz Hessen mit Rekordzahl an Präventionsterminen

Eine weitere wichtige Säule im Kampf gegen Extremismus ist das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hessen. Es sammelt Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen und leistet damit als Frühwarnsystem für unsere Demokratie eine unschätzbar wichtige Arbeit.

„Angesichts der aktuellen Lage, in der unsere freiheitliche demokratische Grundordnung von Extremisten vom rechten und linken Rand und von religiösen Fundamentalisten angegriffen wird, ist die Arbeit des LfV Hessen von zentraler Bedeutung. Die Analysen und Bewertungen des LfV Hessen tragen maßgeblich dazu bei, die Strategien von Extremisten offenzulegen und sind damit die Basis der Arbeit unserer Sicherheitsbehörden und unserer Präventionsarbeit“, sagte Innenminister Roman Poseck.

Im Jahr 2024 setzte das LfV Hessen neue Maßstäbe in der Präventionsarbeit: Mit einer Rekordzahl von nahezu 350 Präventionsterminen war es verstärkt unter anderem in Schulen, Hochschulen und Kommunen präsent, um Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren. Ein besonderes Highlight war eine Veranstaltung im Oktober 2024, die im hessischen Innenministerium stattfand: Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden u. a. aus den Bereichen Wohlfahrtspflege, Sport, Jugend, Katastrophenschutz und Naturschutz wurden dort zum Beispiel über Social-Media-Strategien von Extremisten aufgeklärt. In der Präventionsabteilung des LfV Hessen ist außerdem die Phänomenbereichsübergreifende wissenschaftliche Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit (PAAF) angesiedelt. Auch sie hat ihre Präventionsmaßnahmen in Folge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 erheblich intensiviert und zudem das Forschungsprojekt „Antisemitismus als Querschnittsphänomen im hessischen Protestgeschehen nach dem 7. Oktober 2023“ gestartet, das im Laufe des Jahres 2025 abgeschlossen werden wird.

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